
Wohnungsbau-Krise: Warum die Baupolitik jetzt entscheidend ist
Der Wohnungsbau in Deutschland befindet sich in der tiefsten Krise seit Jahrzehnten. Über die Hälfte der Bauunternehmen klagt über fehlende Aufträge und steigende Baukosten. Während viele europäische Länder mit gezielten Maßnahmen gegensteuern und erste Erholungstendenzen verzeichnen, droht Deutschland den Anschluss zu verlieren. Hohe Baukosten, fehlende Anreize für Investoren und komplizierte Genehmigungsverfahren bremsen die Bauwirtschaft aus. Eine Neuausrichtung der Baupolitik ist daher dringend erforderlich.
Düstere Aussichten für die Bauwirtschaft
Die Krise im Wohnungsbau verschärft sich weiter. Noch nie war der Auftragsmangel so hoch wie aktuell. Laut dem Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München (ifo-Institut) klagten im Januar siebenundfünfzig Prozent der Unternehmen über fehlende Aufträge. Auch die Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank konnten bislang keine Trendwende einleiten. Hohe Baukosten wirken sich negativ auf die gesamte Branche aus – sowohl für Bauträger und Investoren als auch für Handwerksbetriebe, die mit rückläufigen Aufträgen und zunehmenden Unsicherheiten konfrontiert sind.
Positive Entwicklungen in anderen europäischen Ländern
Während Deutschland weiterhin mit der Krise kämpft, zeigen sich in Nord- und Osteuropa Erholungstendenzen. In Skandinavien und Polen zieht der Wohnungsbau wieder an. Schweden erwartet für 2025 einen Zuwachs von zwölf Prozent bei den Fertigstellungen. Dänemark rechnet mit einem Anstieg von achtundzwanzig Prozent, Finnland mit dreiundzwanzig Prozent und Norwegen mit dreizehn Prozent. In Polen wird ein Plus von zehn Prozent prognostiziert. Diese Länder profitieren von staatlichen Anreizen, effizienten Genehmigungsverfahren und gezielten Förderprogrammen. Deutschland hingegen verzeichnet weiter sinkende Neubauzahlen. Prognosen des ifo-Instituts deuten darauf hin, dass 2026 möglicherweise nur noch einhundertfünfundsiebzigtausend neue Wohnungen entstehen werden – ein Rückgang um fünfzehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Dringender Handlungsbedarf der Politik
Trotz der alarmierenden Lage bleibt der Wohnungsbau in der politischen Debatte eine Randerscheinung, kritisiert Thomas Möller, Hauptgeschäftsführer der Bauwirtschaft Baden-Württemberg. "Bei den verantwortlichen Politikern müssen jetzt endgültig die Alarmglocken schrillen. Die grassierende Wohnungsnot droht immer mehr zum sozialen Sprengstoff zu werden", so Möller. Wenige Tage vor der Bundestagswahl fordert die Baubranche eine klare Neuausrichtung. "Es braucht einen echten Neustart in der Baupolitik", betont Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes (ZDB).
Maßnahmen zur Stabilisierung des Wohnungsmarktes
Pakleppa fordert mehr Befugnisse für das Bauministerium, das sowohl den Neubau als auch die Sanierung verantworten sollte. Die Förderpolitik für beide Bereiche müsse aus einer Hand gesteuert werden. Um den Wohnungsbau nicht weiter auszubremsen, seien schnellere Genehmigungsverfahren, gezielte Förderprogramme und eine spürbare Entlastung der Bauwirtschaft notwendig. Ohne entschlossene Maßnahmen droht die Wohnungsnot weiter zu eskalieren – mit weitreichenden sozialen und wirtschaftlichen Folgen. Der Wohnungsbau ist eine Schlüsselbranche, die bedeutende Impulse für die gesamte Volkswirtschaft liefern kann. Jetzt sind politische Weichenstellungen erforderlich, um den Abwärtstrend zu stoppen und den Wohnungsbau langfristig wieder auf Kurs zu bringen.