
Gefördertes Wohnen: Nachfrage übersteigt Angebot deutlich
Bezahlbarer Wohnraum bleibt Mangelware – und eine kurzfristige Entspannung ist nicht in Sicht. Besonders geförderter Wohnraum wird immer gefragter, sowohl bei Mietern als auch bei Investoren. Dank staatlicher Zuschüsse und attraktiver Renditen entwickelt sich diese Wohnform zu einer eigenen Anlageklasse. Dennoch schrumpft das Angebot, während der Bedarf weiter steigt.
Sozialwohnungsbestand nimmt drastisch ab
Florian Tack, Head of Residential bei Colliers Deutschland, warnt, dass bereits heute über 900.000 Sozialwohnungen fwhlwn würden. Bis 2035 könnten weitere 430.000 Einheiten wegfallen. Besonders angespannt sei die Lage in Baden-Württemberg mit einem Defizit von rund 205.800 Wohnungen, in Bayern mit rund 195.100 und in Berlin mit rund 131.300. Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Bremen schneiden vergleichsweise besser ab, weisen aber ebenfalls einen spürbaren Mangel auf.
Investoren setzen auf geförderten Neubau
Dr. Tim Schomberg von KINGSTONE Real Estate sieht dennoch großes Potenzial. Mit dem Fonds „KINGSTONE Bezahlbares Wohnen Deutschland“ fokussiert er sich auf Regionen mit attraktivem Förderumfeld – etwa in Süddeutschland und Hessen. Erste Objekte wurden bereits in Mannheim, Nürnberg, Fürth und Weil am Rhein erworben.
Förderprogramme machen Bauprojekte wirtschaftlich
Auch Jan Bewarder, CEO von REM CAPITAL, betont die Bedeutung öffentlicher Fördermittel, die vor allem in Zeiten hoher Baukosten und Zinsen einen Weg zur wirtschaftlichen Realisierung von Projektenfördern. Bis zu 50 Prozent Tilgungszuschüsse seien in manchen Bundesländern möglich – sowohl für Neubau als auch für Sanierungen. Förderungen lassen sich zudem mit anderen Programmen, etwa für klimafreundlichen Neubau, kombinieren.
Mieter profitieren von niedrigeren Kosten
Mieter mit Wohnberechtigungsschein zahlen laut Florian Tack im Schnitt 25 Prozent weniger als im freien Markt, in den Top-7-Städten sogar bis zu 41 Prozent. Gefördertes Wohnen entlaste somit nicht nur den Markt, sondern leiste auch einen bedeutenden sozialen Beitrag.
Attraktive Renditen locken Investoren
Für Investoren ist geförderter Wohnraum auch finanziell interessant. Erreicht werden aktuell Ausschüttungsrenditen von über 4 Prozent jährlich, so Schomberg. Das sei mehr als viele frei finanzierte Projekte bieten können. Zudem gewinne das Thema ESG – insbesondere der soziale Aspekt – bei Investoren zunehmend an Bedeutung.
Langfristige Perspektive fehlt
Trotz aller Chancen bleibt die Prognose verhalten. Um das Ziel von zwei Millionen Sozialwohnungen bundesweit zu erreichen, müssten bis 2030 jährlich über 200.000 neue Einheiten gebaut werden. Die derzeit angestrebten 100.000 pro Jahr reichen laut Tack nur für 1,3 Millionen – realistisch seien sogar nur rund 850.000 Wohnungen bis 2030. Bei einer Fehlbelegungsquote von 30 Prozent wären nur rund 600.000 davon ihrer eigentlichen Bestimmung zugeführt.
Forderung nach nationalem Schulterschluss
Jan Bewarder zieht ein klares Fazit: Benötigt sei ein dauerhaftes, bundesweites Förderprogramm mit verlässlicher Finanzierung und klaren Rahmenbedingungen. Zudem müssten Fördermodelle einfacher kombinierbar und langfristiger planbar sein, um mehr private und institutionelle Investoren für sozialen Wohnungsbau zu gewinnen.