Vergleichbarkeit von Referenzen richtet sich nach LV-Vorgaben!

Vergleichbarkeit von Referenzen richtet sich nach LV-Vorgaben!

Vergleichbarkeit von Referenzen richtet sich nach LV-Vorgaben!

  • Vergaberecht & Baurecht
  • 10 Min

Die Vergabekammer (VK) Bund hat mit Beschluss vom 18.12.2024 - VK 2-95/24 - folgendes
entschieden:

1. Bei der materiellen Eignungsprüfung steht dem öffentlichen Auftraggeber ein
Beurteilungsspielraum zu, der umso weiter ist, je mehr es um optische und weniger
um tragende Elemente eines Gebäudes geht (hier: Klempner- und
Kupfertreibarbeiten).

2. Maßgeblich für den Vergleich der referenzierten mit den ausgeschriebenen
Leistungen sind die im Leistungsverzeichnis enthaltenen Vorgaben.

3. Ein öffentlicher Auftraggeber kann die Vergleichbarkeit auch in Bezug auf den
Auftragswert bzw. den Leistungsumfang von Referenzen nicht in
vergaberechtskonformer Weise gänzlich ausschließen, denn wenn ein Referenzprojekt
einen minimalen Umfang hat, wird es grundsätzlich nicht geeignet sein können zur
Ableitung der Fähigkeiten eines Bieters.


Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte zur Renovierung einer Turmhaube Metallbau- und
Klempnerarbeiten europaweit ausgeschrieben. Mit dem Angebot waren Angaben zu
Referenzprojekten aus den letzten sechs abgeschlossenen Kalenderjahren anzugeben,
konkret wurden 2 Referenzen zu Metallbau- und Klempnerarbeiten gefordert, die mit den in
Titel X des LV ausgeschriebenen Metallbau- und Klempnerarbeiten technisch vergleichbar
waren. In den technischen Vorbemerkungen des LV war zum Leistungsumfang der
Klempnerarbeiten vorgegeben, dass u.a. die Dacheindeckung Kuppel "teilweise aufwendig
profiliert und künstlerisch gestaltet" werden sollte und für die künstlerisch gestalteten
Bauteile Modelle herzustellen waren. Bieter A gab ein Angebot mit den geforderten
Referenzen ab und sollte nach der Angebotswertung den Zuschlag erhalten. Dies rügte
Bieter B - insbesondere mit der Behauptung, dass die von A vorgelegten Referenzen
bezüglich des Zinktreibens mit den im LV geforderten Kupfertreibarbeiten nicht vergleichbar
seien und die Referenzprojekte einen zu geringen Umfang aufwiesen. Nach Nichtabhilfe
seiner Rüge beantragte er Nachprüfung.

Die VK gibt dem AG Recht. Die Ag habe die Eignung des A beurteilungsfehlerfrei nach $ 122
Abs. 1 und 2 GWB sowohl in Bezug auf die personellen Kapazitäten als auch in Bezug auf
die Vergleichbarkeit der von A eingereichten Referenzen prognostiziert.

Dem Auftraggeber stehe bei der vorliegenden materiellen Eignungsprüfung ein
prognostischer Beurteilungsspielraum zu. Dieser Beurteilungsspielraum sei vorliegend als
weit anzusehen, da es bei den fraglichen Klempner- und Kupfertreibarbeiten um rein
optische Elemente gehe, nicht etwa um tragende Elemente des Gebäudes, von denen eine
Gefahr ausgehen könnte. Der AG habe seinen prognostischen Beurteilungsspielraum
letztlich nicht überschritten.

In Bezug auf die Referenzen gebe es für die persönlichen Referenzen die
ausdrückliche Vorgabe, wonach nicht - enger - Kupfertreibarbeiten als
Referenzprojekte vorliegen müssten, sondern dass - weiter und wettbewerbsoffener -
Metallarbeiten allgemein als Referenzprojekte dienen könnten. Bei den persönlichen
Referenzen habe der AG dies ausdrücklich so bekannt gemacht; gleiches gelte auch
für die Firmenreferenzen, für welche der AG zwar nur von Vergleichbarkeit in .
technischer Hinsicht spreche, aber hiermit ebenfalls den Maßstab der Metallarbeiten
allgemein anlege. Für einen fachkundigen Bieter sei aus den Vorgaben der
Auftragsbekanntmachung und den LV-Positionen für die künstlerisch zu gestaltenden
Kupfertreibarbeiten und die darauf bezogenen Modellarbeiten ohne Weiteres
ersichtlich gewesen, dass Referenzprojekte nachzuweisen waren, bei denen die
Technik des Treibens von Metall über dafür angefertigte Modelle zum Einsatz
kommen sollte. Die Art des Metalls sei, wie bereits das für die persönlichen
Referenzen der künstlerischen Leitung ausdrücklich verwendete Wort
"Metalltreibarbeiten" zeige, unerheblich und es stehe somit der technischen
Vergleichbarkeit nicht entgegen, wenn es sich nicht um Kupfer handele. A habe
entsprechende Metallarbeiten als Referenzen vorgelegt, sowohl für die
Firmenreferenzen als auch für die persönlichen Referenzen. Der AG habe sich mit
diesen Referenzen befasst und die Vergleichbarkeit auch in Bezug auf die
technischen und künstlerischen Anforderungen geprüft und bejaht. Dies sei
beurteilungsfehlerfrei.

Des Weiteren sei darauf hinzuweisen, dass bei der Beurteilung der Vergleichbarkeit der
Auftragswert bzw. der Leistungsumfang von Referenzen vergaberechtskonform nicht außer
Betracht bleiben könne. Der AG habe daher richtigerweise die Auftragswerte der
Referenzprojekte abgefragt. Im Hinblick auf den Inhalt der Auftragsbekanntmachung könne
er zulässigerweise einen Schwerpunkt auf die technisch-künstlerische Vergleichbarkeit
legen.

Ebenfalls auseinandergesetzt habe sich der AG mit dem Umstand, dass die
Referenzprojekte einen geringeren Umfang hätten als das streitgegenständliche Projekt.
Diese Auseinandersetzung mit den Auftragswerten sei auch richtigerweise erfolgt, obwohl
der AG mit der $ 122 Abs. 4 S. 2 GWB entsprechenden Vorgabe in der
Auftragsbekanntmachung, wonach lediglich die technische Vergleichbarkeit (für die
Firmenreferenzen) bzw. die technisch-künstlerische Vergleichbarkeit (für die persönlichen
Referenzen künstlerische Leitung Kupfertreibarbeiten) entscheiden solle, den Schwerpunkt
auf diesen Aspekt der Vergleichbarkeit gelegt habe. Dennoch könne ein Auftraggeber die
Vergleichbarkeit auch in Bezug auf den Auftragswert bzw. den Leistungsumfang von
Referenzen nicht in vergaberechtskonformer Weise gänzlich ausschließen, denn wenn ein
Referenzprojekt einen minimalen Umfang habe, werde es grundsätzlich nicht geeignet sein
können zur Ableitung der Fähigkeiten eines Bieters. Der AG habe daher richtigerweise die
Auftragswerte der Referenzprojekte abgefragt und die ausschlaggebende Feststellung
getroffen, dass sich darin die maßgeblichen technischen bzw. technisch künstlerischen
Anforderungen für das vorliegende Projekt trotz des geringeren Auftragsumfangs
manifestierten. Das genüge dem technischen bzw. technisch-künstlerischen Schwerpunkt
des Vergleichbarkeitsmaßstabs. Wenn somit der AG Referenzarbeiten von kleinerem
Umfang in technisch-künstlerischer Hinsicht mit den ausgeschriebenen Leistungen für
vergleichbar halte, weil diese nach Komplexität, Formen und Ausführungsart ausreichende
Erfahrung zur Ausführung der ausgeschriebenen Leistungen erkennen ließen, sei dagegen
nichts einzuwenden.

Anmerkung:

Die Vergleichbarkeit von Referenzen ist immer wieder Anlass zu Diskussionen bis hin zu
Nachprüfungsverfahren. Daher ist die o.g. Entscheidung ein weiterer wichtiger Baustein der
Rechtsprechung für diese Frage - insbesondere, wenn wie hier, optisch-künstlerische
Leistungen im Mittelpunkt der Vergabe stehen.