Ökologische Innovationen im deutschen Wohnungsbau
Die Bauwirtschaft in Deutschland nimmt aufgrund ihrer Größe und Verflechtung eine entscheidende Rolle in der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ein. Im Jahr 2022 trug sie mit einem Anteil von 12,3 Prozent am Bruttoinlandsprodukt mehr zur Wirtschaft bei als die gesamte Automobilindustrie. Diese Bedeutung wurde bei einem Treffen zwischen Vertretern aus Unternehmen, Forschung und dem Bundestagsabgeordneten Dr. Holger Becker in Elxleben im November 2023 deutlich.
Herausforderungen in der Bauindustrie
Die Baubranche ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in Deutschland, doch das Bauen ist ressourcen- und energieintensiv. Trotz eines Bedarfs von etwa einer Million Wohneinheiten, die derzeit aus verschiedenen Gründen nicht gebaut werden, gibt es in der Baubranche eine Krise. Hohe Bauzinsen, steigende Materialkosten, fehlende Förderprogramme und steigende Energiekosten sind einige der Herausforderungen. Angesichts des starken Bevölkerungszuwachses in Deutschland, allein im Jahr 2022 von fast 1,5 Millionen Menschen, ist die Notwendigkeit von Wohnraum enorm. Angesichts dieser Wohnungsbaukrise ist es für die Gesellschaft wichtig, Baustoffe zu fördern, die ökologisch und wirtschaftlich überzeugen.
Der Beitrag von Kalksandstein
Kalksandstein erweist sich in dieser Hinsicht als besonders geeignet. Er ist langlebig, nachhaltig, klimafreundlich und ressourcenschonend. Mit einem Marktanteil von über 40 Prozent ist er das beliebteste Baumaterial im mehrgeschossigen Wohnungsbau. Roland Meißner, Geschäftsführer der Forschungsvereinigung Kalk-Sand e.V. (FVKS), betonte die Bedeutung der Bauwirtschaft für die gesamte Volkswirtschaft. In der aktuellen Situation ist es jedoch unerlässlich, technologieoffen alle Materialien in Betracht zu ziehen, um die Wohnungsbaukrise zu bewältigen.
Innovative Forschungsprojekte
Die FVKS betreibt praxisbezogene Forschung für die Kalksandsteinindustrie und unterstützt insbesondere kleine und mittlere Unternehmen bei ihren Forschungs- und Innovationsbemühungen. Ein aktuelles Forschungsprojekt konzentriert sich auf die technologische Umstellung der Kalksandsteinproduktion und Bauanwendung im Rahmen des "Green Deals". Das mittelständische Bauunternehmen Kimm GmbH & Co. KG aus Hessen und Thüringen forscht gemeinsam mit der Materialforschungs- und Prüfanstalt an der Bauhausuniversität Weimar an einem ökologischen Baustein aus Lehm. Dieser großformatige Lehmstein eignet sich für die industrielle Fertigung und kann im Wohnungsbau und für andere wirtschaftliche Gebäude genutzt werden.
Nachhaltige Alternative im Wohnungsbau
Die Nachfrage nach diesem nachhaltigen Baustoff ist bereits gestiegen, aber es gibt derzeit kaum tragende Lehmsteine für den Neubaubereich. Die bisherigen Herstellungsverfahren sind zu zeit- und kostenintensiv, um wirtschaftlich wettbewerbsfähig zu sein und die steigende Nachfrage zu decken. Das Forschungsvorhaben zielt darauf ab, Qualitätssicherungskonzepte für industriell hergestellte Lehmsteine zu entwickeln, die die stofflichen Eigenschaften des Lehms und die produktionstechnischen Besonderheiten berücksichtigen. Das Projekt in Thüringen stellt eine völlig neue Herangehensweise dar und verspricht eine nachhaltige Alternative für den Wohnungsbau zu bieten.
Forschung im Mittelstand für den Klimaschutz
Dr. Holger Becker, Mitglied der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, betonte die Bedeutung von Forschung in schwierigen Zeiten. Er unterstützt Forschungsbemühungen, die zur Erreichung der CO2-Ziele beitragen. Das Engagement des mittelständischen Bauunternehmens ist ein Beispiel für nachhaltiges und zukunftsorientiertes Handeln. Angewandte Forschung ist entscheidend, um die deutsche Wirtschaft wettbewerbsfähig zu halten, und die Forschung des Mittelstands spielt dabei eine wichtige Rolle. Die AiF (Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen "Otto von Guericke" e.V.) fördert und unterstützt Forschung, Transfer und Innovation und betont die Wirkung von Innovationen aus der Wirtschaft gegenüber der Politik, insbesondere in Bezug auf Themen wie Kreislaufwirtschaft, Ressourceneinsparung und Wasserstoffnutzung.
Bild: Kevin Blivier / Kimm GmbH & Co. KG