Mängelrüge: WhatsApp-Nachricht reicht nicht!

Mängelrüge: WhatsApp-Nachricht reicht nicht!

Mängelrüge: WhatsApp-Nachricht reicht nicht!

  • Vergaberecht & Baurecht
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In einem VOB/B-Vertrag sieht § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B vor, dass sich die Verjährungsfrist um zwei Jahre verlängert, wenn der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine schriftliche Mängelrüge übersendet. Eine bloße WhatsApp-Nachricht erfüllt dieses Schriftformerfordernis nicht. Dies hat das OLG Frankfurt mit Urteil vom 21.12.2023 (Az.: 15 U 211/21) entschieden.


Der Fall: AG beauftragt AN im Jahr 2012 mit der Dacheindeckung für den Neubau eines Bürogebäudes. Die VOB/B wurde in den Vertrag einbezogen. Bereits im Jahre 2014 drang Wasser durch das Dach in das Gebäude ein. Welche Kontakte zwischen den Parteien im Anschluss bestanden, ist streitig. Fest steht jedoch, dass der Geschäftsführer des AG dem AN am 28.06.2016 per WhatsApp bat, das Dach noch einmal zu besehen. AN antwortete "Okay" und beging das Dach am 29.06.2016. Später lässt AG das Dach von einem Dritten für rund 100.000 EUR sanieren und begehrt die Ersatzvornahmekosten. AN wendet Verjährung ein.


Das Urteil: Zu Recht, wie das OLG Frankfurt meint. Zwar sei die Verjährung durch die Dachbegehung des AN am 29.06.2016 zunächst gehemmt gewesen, danach sei jedoch nichts weiter passiert. Daher seien die Verhandlungen über die Mängelbeseitigung gemäß § 203 S. 1 BGB "eingeschlafen", weshalb die Verjährung nach Ablauf eines Monats wieder zu laufen begonnen habe. Auch die WhatsApp-Nachricht vom 28.06.2019 habe nicht zum Neubeginn einer gesonderten zweijährigen Verjährungsfrist nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B (sog. Quasi-Unterbrechung) geführt. Eine WhatsApp-Nachricht sei kein schriftliches Mängelbeseitigungsverlangen. Zwar könne die hier erforderliche Schriftform auch durch eine telekommunikative Übermittlung gewahrt werden. Hierfür sei es jedoch erforderlich, dass die Erklärung in gleicher Weise wie ein Schriftstück verfasst sei. Zudem müsse der Erklärungsempfänger in der Lage sein, das Schriftstück auszudrucken und dauerhaft abzuspeichern. Dies sei bei einer WhatsApp-Nachricht nicht gegeben. Ein Messenger-Dienst könne aufgrund der typischen Art und Weise der Benutzung zum raschen Austausch privater Nachrichten (und gerade nicht zur Abgabe rechtsgeschäftlicher Erklärungen) nicht die notwendige Warnfunktion eines Formerfordernisses erfüllen.


Fazit: Obacht bei der Form der Kommunikation! Grundsätzlich sind für die Unterbrechung der Verjährung verjährungsunterbrechende Maßnahmen wie etwa ein Mahnbescheid, eine Klage oder ähnliches erforderlich. Die VOB/B macht hiervon in § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B mit der sogenannten Quasi-Unterbrechung eine Ausnahme. Hier reicht ein schriftliches Mängelbeseitigungsverlangen, um eine weitere, zweijährige Frist auszulösen, die allerdings nicht kürzer sein darf als die ursprünglich geltende Frist. Zwar handelt es sich hier um ein sogenanntes "gewillkürtes" Schriftformerfordernis gemäß § 127 Abs. 1 BGB nicht um die "strenge" Schriftform (mit Unterschrift) des § 126 BGB. Die Schriftform des § 127 Abs. 1 BGB muss dann aber mindestens eingehalten werden und diese Voraussetzung erfüllt eine WhatsApp-Nachricht nicht. Daraus folgt: Wer rechtssicher eine Mängelrüge ausbringen will, die die Verlängerung gem. § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B um zwei Jahre auslöst, muss zumindest eine E-Mail schreiben!