Landwirtschaft zwischen Wunsch und Wettbewerb
Der „Tag des offenen Hofes“ bot nicht nur Einblicke in die reale Landwirtschaft, sondern diente auch als Forum lebhafter Diskussionen. Beim Bundesauftakt auf dem landwirtschaftlichen Betrieb der Familie Purpus in Seesbach standen die Herausforderungen und Perspektiven der Branche im Mittelpunkt. Politiker, Vertreter aus Ministerien und Verbänden debattierten über das Thema „Landwirtschaft zwischen Wunsch und Wettbewerb“.
Praxisferne Programme und wirtschaftliche Realität
Benjamin Purpus, der Betriebsleiter, kritisierte die Praxisferne vieler politischer Programme. Obwohl Artenvielfalt und Biodiversität dem Betrieb am Herzen liegen, seien die Programme oft zu theoretisch und müssten besser auf die Höfe abgestimmt werden. Trotz Hindernissen wie Baurecht und Emissionsschutzrichtlinien gelingt dem Familienbetrieb durch Leidenschaft und Kreativität eine nachhaltige Landwirtschaft.
Politische Unterstützung und Forderungen
Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes, forderte eine gesamtdeutsche Lösung für Mehrgefahrenversicherungen angesichts der Klimaveränderungen. Er sprach sich für pragmatische Lösungen im Pflanzenschutz aus, die in Zusammenarbeit mit der Praxis und Wissenschaft entwickelt werden sollten. Oliver Conz vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) betonte, dass keine Verbote im Pflanzenschutz geplant seien und warb um Verständnis für den Schutz der Artenvielfalt.
Herausforderungen für die Zukunft
Theresa Schmidt, Vorsitzende des Bundes der Deutschen Landjugend, brachte die Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft zur Sprache. Sie forderte bessere Rahmenbedingungen für junge Landwirte, einschließlich flächendeckender Förderung und digitaler Infrastruktur. Unterstützt wurde sie von Daniela Schmitt, Ministerin für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau in Rheinland-Pfalz, die betonte, dass junge Landwirte bis zu 145.000 Euro an Fördermitteln erhalten könnten.
Frauen in der Landwirtschaft
Ursula Braunewell, Vizepräsidentin des Deutschen LandFrauenverbands, hob hervor, dass nur elf Prozent der Betriebe von Frauen geleitet werden. Strukturelle Hindernisse und Lücken in der sozialen Absicherung erschweren den Einstieg für Frauen. Diese Schwachstellen zu beseitigen, sei entscheidend, um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen.
Vielfältige und komplexe Landwirtschaft
Die Diskussion zeigte, wie vielfältig und komplex die Landwirtschaft heute ist. Themen wie Tierwohl, Pflanzenschutzmittelreduktion, Mindestlohn, Probleme mit dem Wolf und die EU-Agrarpolitik wurden intensiv diskutiert. Bauernpräsident Joachim Rukwied forderte eine deutliche Ausweitung des Agrarbudgets angesichts der bevorstehenden Haushaltsverhandlungen in Brüssel und der enormen Herausforderungen in der Landwirtschaft.