Handschriftlicher Zusatz im Verhandlungsprotokoll: AGB?
Vereinbaren die Parteien in dem Verhandlungsprotokoll eines VOB/B-Bauvertrages handschriftlich, dass „Mengenänderungen mehr oder weniger als 10 % die EPs nicht ändern", so handelt es sich um eine Individualvereinbarung, die eine Preisanpassung nach § 2 Abs. 3 VOB/B ausschließt und damit nicht der AGB-Inhaltskontrolle unterliegt. Dies hat das OLG Bamberg mit Urteil vom 20.07.2023 (Az.: 12 U 9/22) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungs-beschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 07.08.2024 (Az.: VII ZR 167/23) zurückgewiesen.
Der Fall: AN, ein Elektriker, steht in ständiger Geschäftsbeziehung zu einem Rohbauer (AG). In mehreren Verträgen ist die VOB/B einbezogen worden. Außerdem wurde in allen drei Verhandlungsprotokollen folgender Satz handschriftlich eingefügt: "Massen-änderungen mehr oder weniger als 10 % ändern die EPs nicht". Bei zwei Bauvorhaben kommt es zu erheblichen Massenminderungen, deshalb legt AN bei der Berechnung seiner Vergütung höhere Einheitspreise zugrunde. AG verweigert die Bezahlung, da aufgrund der handschriftlichen Eintragung im Verhandlungsprotokoll § 2 Abs. 3 VOB/B wirksam abbedungen sei. AN hingegen hält die handschriftlich eingefügte Klausel für unwirksam, da es sich um AGB handele.
Das Urteil: AN bleibt erfolglos, da das OLG Bamberg von einer Individualvereinbarung ausgeht. Dabei wertet es als Indiz, dass die Klausel im Verhandlungsprotokoll handschriftlich eingetragen wurde, was den Eindruck erwecke, dass diese Punkte während der Verhandlung im Einzelnen besprochen wurden. Ein Zeuge habe zudem glaubhaft angegeben, dass die in den Verhandlungsprotokollen handschriftlich hinzu-gefügten Punkte jeweils vorher durchgesprochen wurden. Auch die streit-gegenständliche Klausel sei bei AG keineswegs immer verwendet worden, auch habe es keine Regel dafür gegeben, wann und wann nicht sie verwendet worden sei. Nur wenn von Seiten des Auftragnehmers keine Einwände gekommen seien, sei die Klausel aufgenommen worden. Daraus folgert das OLG, dass die Klausel individuell ausgehandelt worden sei und daher nicht der AGB-Kontrolle unterliege.
Fazit: Auch wenn (möglicherweise aus rein prozessualen Gründen) die Entscheidung des OLG Bamberg die Billigung des BGH durch Zurückweisung der Nichtzulassungs-beschwerde erhalten hat, sind Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung erlaubt. Gemäß § 305 Abs. 1 S. 3 BGB liegen AGB dann nicht vor, wenn die Klauseln zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt wurden. Dafür muss der gesetzes-fremde Kerngehalt der Regelung zur Disposition gestellt werden. Hierfür reicht es nicht, dass der Verwendungsgegner keine Einwendungen erhebt und die Klausel widerspruchslos hinnimmt. Hinzu kommt, dass die Klausel hier immerhin in drei verschiedenen Verträgen zwischen AG und AN verwendet wurde. Für die Annahme von AGB ist es aber ausreichend, dass der Verwender lediglich die Absicht hat, die Klausel mehrfach zu verwenden. Dies aber dürfte gegeben sein, denn sonst hätte diese Klausel nicht in alle drei Verträge Eingang gefunden. Gleichwohl gilt: Obacht bei handschriftlich eingefügten Klauseln. Diese sollte stets geprüft und gegebenenfalls zurückgewiesen werden.