Erst Athletendorf, dann lebendiges Stadtviertel
In Vorbereitung auf die Olympischen und Paralympischen Spiele in Paris werden in L’Île-Saint-Denis nördlich des Stadtzentrums jetzt Unterkünfte für die Athletinnen und Athleten errichtet. Bei der Umsetzung stehen Nachhaltigkeitsaspekte besonders im Vordergrund. Dabei zeichnet sich das Athletendorf nicht nur durch einen hohen Holzanteil und damit geringen CO2-Fußabdruck aus, sondern auch durch die intelligente Umnutzung der Gebäude nach den Spielen: So entsteht im nächsten Jahr an dieser Stelle ein lebendiges Stadtviertel mit zusätzlichem Wohnraum. Verantwortlich für das Projekt zeichnen sich unter anderem das französische Bauunternehmen Pichet Groupe und Legendre Immobilier, Tochtergesellschaft für Immobilienentwicklung der Groupe Legendre.
Es ist ein Vorzeigeprojekt nachhaltiger Hybridbauweise: das neue Athletendorf rund zehn Kilometer vom Pariser Stadtzentrum. Rund 45 Prozent der Gebäude besteht dabei aus Holz. Die Tragwerkskonstruktion wurde von den ersten Entwürfen bis zur Lieferung des Materials von Gustave Holzbauingenieure erstellt. „Das Projekt brachte viele technische und rechtliche Herausforderungen mit sich, die berücksichtigt werden müssen – wie die Höhe der vorgefertigten Elemente und die Gestaltung flexibler Grundrisse. Dazu mussten Brand- und Schallschutzanforderungen beachtet werden sowie die nötige Wärmedämmung integriert werden. Erschwerend kam hinzu, dass die einzuhaltenden französischen Richtlinien und Vorschriften äußerst komplex sind", erklärt Luc Boyer, Partner bei Gustave. Trotz der komplexen Rahmenbedingungen kann das Bauunternehmen die einzelnen Bauphasen schnell und reibungslos abschließen. „Denn wir haben eine Bauweise mit hohem Vorfertigungsgrad gewählt, sodass wir dieses außergewöhnliche Projekt in Rekordzeit realisieren können", sagt Thomas Charmasson, Präsident vom Unternehmen Elan Gipen, welches die Produktion der vorgefertigten Holzkonstruktion übernahm.
Die Verwendung vorgefertigter Elemente aus Holz bildet die Grundlage für das anspruchsvolle Projekt. Dabei liefert die ISB Groupe, langjähriger französischer Partner von Metsä Wood, das Furnierschichtholz „Kerto LVL“ auf die Baustelle nach L’Île-Saint-Denis. Die vorgefertigten Elemente vereinen gleich mehrere Vorteile gegenüber der konventionellen Bauweise vor Ort: Da die Elemente termingerecht auf die Baustelle geliefert werden, entfällt eine aufwändige und kostenintensive Lagerung. Die Montage gestaltet sich zudem einfach und schnell.
Effiziente Elementfertigung mit der Kerto-Ripa-Technologie
Gefertigt werden die Elemente nach der Kerto-Ripa-Technologie. Dabei handelt es sich um ein Holzbausystem für vorgefertigte, tragende Decken- und Dachelemente aus Kerto LVL von Metsä Wood. Sie bestehen aus Kerto S-Balken und Kerto Q-Platten, die rippen- und kastenförmige Strukturen bilden. Sie sind gedämmt, brandsicher und können je nach Projektanforderung individuell gestaltet und angepasst werden. Die Rippen- oder Kastenelemente bieten dabei viele Vorteile: hohe Festigkeit, geringes Gewicht, schnelle Montage, reduzierter Materialverbrauch, große Spannweiten und Gestaltungsfreiheit im Design. Kerto LVL eignet sich besonders für vorgefertigte Elemente, da das Furnierschichtholz leicht und stabil ist. Zudem tragen die großen Plattenformate (Breite bis zu 2,5 Meter und Länge bis zu 20 Meter) schwere Lasten. Da sie in verschiedenen Dicken, Breiten und Längen erhältlich sind, kann für jede Anwendung die richtige Produktgröße gewählt werden, um den Materialeinsatz zu optimieren. Die Struktur und die Eigenschaften von Kerto LVL machen es äußerst materialeffizient und erfordern im Vergleich zu anderen Holzmaterialien ein deutlich geringeres Volumen. Das war auch in Paris ein wichtiger Faktor: So sollte das Projekt ursprünglich mit Brettsperrholz realisiert werden, doch überzeugten die Eigenschaften von LVL die Projektverantwortlichen. Insgesamt wurden 73 Wohnungen im Athletendorf und 3.828 Quadratmeter Deckenfläche mit Kerto-Ripa-Kastenelementen realisiert. Zum Einsatz kamen dabei lediglich 268 Kubikmeter Kerto LVL. Das bedeutet, dass der durchschnittliche Verbrauch von Kerto LVL nur 0,07 Kubikmeter je Quadratmeter betrug.
Erfolgreiche Zusammenarbeit von der Bauplanung bis zum Einbau
Um unter anderem die Kommunikation aller Projektbeteiligten zu vereinfachen und Materialmengen besser kalkulieren zu können, setzt Gustave auf BIM. Das erleichtert auch die fristgerechte Fertigung der Ripa-Elemente durch Guillet Production. Auf Basis des BIM-Modells wurden die entsprechenden Materialmengen pro produzierte Fläche bestellt und geliefert. Ermöglicht wurde dies durch die rechtzeitige Ermittlung des Bedarfs, der sichergestellten Versorgung mit Kerto LVL während einer Phase der Holzknappheit und die Nutzung der Produktionskapazität von Metsä Wood.
Vom Einzelzimmer bis zur Wohnung
In der ersten Phase der Gebäudenutzung wird L‘Île-Saint-Denis zu einem herausragenden Standort für die Olympischen und Paralympischen Spiele 2024. Die Gemeinde wird dann bis zu 2.700 Athleten und Offizielle beherbergen. Das Areal wird neben den Unterkünften auch verschiedene Einrichtungen wie Büros, Lagerräume und Tagungsräume bieten, die auf die Bedürfnisse des sportlichen Ereignisses zugeschnitten sind. Nach Abschluss der Spiele im Jahr 2025 beginnt die „Heritage“-Phase, in der das Areal in ein lebendiges Stadtviertel mit Wohnungen, Unternehmen, Geschäften und öffentlichen Einrichtungen umgestaltet wird.
Fokus liegt auf Umweltfreundlichkeit
Das Projekt in L‘Île-Saint-Denis fügt sich in die Nachhaltigkeitsziele der Stadt Paris und von Solideo (Société de Livraison des Ouvrages Olympiques - The Olympic Delivery Authority) ein. Das Ziel ist, bis zum Jahr 2050 keine Netto-Kohlenstoffemissionen zu verursachen. Ein effektiver Nachhaltigkeitsplan soll dazu beitragen, das im Klimaplan festgelegte Ziel zu erreichen. Diese gemeinsame Verpflichtung beinhaltet unter anderem die Verwendung umweltfreundlicher Materialien wie Holz. Mit dem Bau des Athletendorfs aus nachhaltigen Materialien und der anschließenden Umnutzung in ein Wohnquartier kommt die Stadt Paris diesem Ziel einen großen Schritt näher.
Benjamin Bodet, Geschäftsführer der ISB Groupe, sieht positive Effekte in einer intensiven Abstimmung und individuellen Projektbegleitung durch Metsä Wood: „Die enge Zusammenarbeit beider Unternehmen ermöglicht die Entwicklung intelligenter Lösungen mit Kerto LVL – auch für herausfordernde Projekte. Um dieses außergewöhnliche Holzprodukt nahtlos einzubinden, ist ein umfassender Serviceansatz unerlässlich. ISB befasst sich mit Aspekten wie Lieferkontrolle, Lagerkapazität, logistischem Know-how und individueller Bearbeitung – und das mit dem Ziel, den Bau von Holzsystemen zu erleichtern und die weitere Entwicklung von Kerto LVL in Frankreich zu fördern.“
Bild: Metsä Wood / Sinbpla