E-Mail: Versand beweist den Zugang nicht!

E-Mail: Versand beweist den Zugang nicht!

E-Mail: Versand beweist den Zugang nicht!

  • Vergaberecht & Baurecht
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Das Absenden einer "einfachen" E-Mail, selbst wenn die Versendung feststeht, erbringt keinen Beweis - auch keinen Beweis des ersten Anscheins - für den Zugang der Mail beim Empfänger. Dies hat das OLG Rostock mit einem Hinweisbeschluss vom 30.04.2024 (Az.: 7 U 2/24) entschieden.

Der Fall: Zwei Kaufleute führen miteinander Verhandlungen. Der eine (AN) schickt dem anderen (AG) eine Auftragsbestätigung mit einer "einfachen" E-Mail. Später macht er daraus Ansprüche geltend, AG wendet ein, es sei kein Vertrag geschlossen worden. AN beruft sich auf die Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens, AG bestreitet, die entsprechende E-Mail erhalten zu haben.

Die Entscheidung: Das OLG Rostock weist darauf hin, dass die Klage des AN, die bereits in erster Instanz abgewiesen wurde, keinerlei Aussicht auf Erfolg hat. Er habe bereits den Zugang der Mail nicht bewiesen, obwohl er hierfür beweispflichtig sei. Allein der Umstand, dass beweisbar eine E-Mail abgesendet wurde beweise nicht, dass diese auch beim Empfänger eingegangen sei. Dies gelte selbst dann, wenn der Absender keine Nachricht über die Unzustellbarkeit der E-Mail erhalten habe. Auch ein Anscheinsbeweis, der dazu führt, dass der Empfänger es nicht bei einem bloßen Bestreiten bewenden lassen darf, sondern sich zu dem mangelnden Zugang im Einzelnen erklären muss, sei nicht gerechtfertigt. Der Zugang sei unter den gegenwärtigen technischen Bedingungen jedenfalls noch nicht in dem Maße sicher, dass eine solche Beweiserleichterung gerechtfertigt sei.

Fazit: Das OLG Rostock zieht eine Parallele zum Briefkasten in der "analogen Welt". Auch dort trage der Absender das Risiko, dass der Postbote den Brief nicht in den Briefkasten einwirft. Erst wenn der Absender den Einwurf beweisen kann, muss sich der Empfänger den Zugang zurechnen lassen, und zwar am Tag des Einlegens in den Briefkasten. Insofern befindet sich das OLG Rostock im Einklang mit der ganz herrschenden Rechtsprechung. Das bedeutet aber auch, dass es - abgesehen von der persönlichen Übergabe - kaum einen Weg gibt, eine Willenserklärung rechtssicher zuzustellen. Zwar kann der E-Mail-Absender eine Empfangsbestätigung anfordern, ob er diese erhält, liegt jedoch im Belieben des Empfängers. Ein einfacher Brief ist ebenso wenig ausreichend, wenn der Empfänger dessen Empfang bestreitet. Zur Beweiskraft eines Einwurf-Einschreibens siehe den Beitrag im Submissionsanzeiger Nr. 178 vom 12.09.2024. Bei einem Einschreiben/Rückschein geht die Willenserklärung jedenfalls dann nicht zu, wenn der Empfänger sie nicht annimmt; dann wird sie nämlich an den Absender zurückgeschickt. Allenfalls ein Telefax, welches mit einem OK-Vermerk versehen ist, stellt zumindest ein Indiz dafür dar, dass das Schreiben tatsächlich empfangen wurde, sodass sich der Empfänger nicht auf bloßes Bestreiten beschränken kann, sondern zugunsten des Absenders einen Anscheinsbeweis greift und der Empfänger sich zum Zugang erklären muss.