Aufgliederung von Nachunternehmerpreisen

Aufgliederung von Nachunternehmerpreisen

Aufgliederung von Nachunternehmerpreisen

  • Vergaberecht & Baurecht
  • 13 Min

Die Vergabekammer (VK) Bund hat mit Beschluss vom 19.10.2023 – VK 2-78/23 – folgendes entschieden:

1. Der öffentliche Auftraggeber kann sich in der Aufforderung zur Angebotsabgabe die Anforderung des Formblatts 223 nach Angebotsabgabe vorbehalten. Dass eine Aufgliederung der Einheitspreise ausdrücklich auch in Bezug auf diejenigen Teilleistungen vorzunehmen ist, für deren Ausführung Nachunternehmer vorgesehen sind, macht die Anforderung nicht unverhältnismäßig und damit nicht unwirksam.
2. Wird ein nachgefordertes Formblatt in weiten Teilen nicht ausgefüllt, fehlen die geforderten Angaben bzw. Erklärungen. Ein Fehlen ist auch im Fall von nicht vollständig vorgenommenen Eintragungen gegeben.
3. Die Möglichkeit der Nachforderung besteht nur in Bezug auf Unterlagen, die mit dem Angebot einzureichen sind.

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte Bauleistungen europaweit ausgeschrieben; einziges Zuschlagskriterium war der Preis. In der Aufforderung zur Angebotsabgabe war die Vorgabe enthalten, dass die Aufgliederung der Einheitspreise (EP) entsprechend Formblatt (FB) 223 auf Verlangen des AG ausgefüllt vorzulegen war. Dieses Formblatt enthielt bei den Spalten Zeitansatz, Lohn, Material, Geräte und sonstige Kosten u.a. folgenden Passus: "Ist bei allen Teilleistungen anzugeben, unabhängig davon, ob sie der Auftragnehmer oder ein Nachunternehmer erbringen wird." Bieter A gab ein Angebot ab, das sowohl von der Auftragswertschätzung als auch den weiteren Angeboten deutlich nach unten abwich. Der AG teilte dem A darauf mit, sein Angebot komme für den Zuschlag in Betracht und forderte ihn auf, für sein Unternehmen und ggf. für von ihm eingesetzte Nachunternehmer (NU) die Aufgliederung der EP entsprechend FB 223 innerhalb einer Frist vorzulegen. A gab das FB 223 fristgemäß ab, allerdings ohne Angaben zu Zeitansatz, Lohn-, Material-, Geräte- und sonstige Kosten für seine NU. Darauf schloss der AG das Angebot des A gemäß § 16 EU Nr. 4 VOB/A aus. Dagegen wehrte sich A nach erfolgloser Rüge mit Antrag auf Nachprüfung.

Die VK gibt dem AG Recht, da dieser das Angebot zu Recht nach § 16 EU Nr. 4 VOB/A ausgeschlossen habe. Hier habe sich der AG in der Aufforderung zur Angebotsabgabe die Anforderung des FB 223 nach Angebotsabgabe vorbehalten. Dieser Vorbehalt sei wirksam. Dass laut dieses Formblatts eine Aufgliederung der EP ausdrücklich auch in Bezug auf diejenigen Teilleistungen vorzunehmen sei, für deren Ausführung Nachunternehmer vorgesehen seien, mache die Anforderung nicht etwa unverhältnismäßig und damit möglicherweise unwirksam. Zwar sei es mit Aufwand für Bieter wie Nachunternehmer verbunden, die EP des Angebots aufschlüsseln zu müssen; denkbar seien Fälle, in denen ein Bieter bei seinen NU aufgrund des Aufwands auf Schwierigkeiten stoßen könnte, eine entsprechende Zuarbeit zu erhalten. Der Bieter müsse jedoch auch vergaberechtlich dem AG gegenüber für seinen NU einstehen, denn nur der Bieter selbst befinde sich in einem Vertragsanbahnungsverhältnis zum AG, nicht der NU. Wenn ein Bieter Nachunternehmer in die Auftragsausführung einzubinden beabsichtige, so habe der Auftraggeber mangels einer direkten Beziehung zum NU keine Möglichkeit, bei diesem eine Preisaufklärung über das Formblatt 223 für dessen Teilleistungen einzufordern; die NU-Leistung sei vielmehr der Sphäre des Bieters zuzurechnen. Es sei auch davon auszugehen, dass der NU seinerseits ein wirtschaftliches Interesse habe, die Zuarbeit zu leisten, da der Erhalt des NU - Auftrags von der Zuschlagserteilung an den Bieter abhängig sei. Werde das Angebot wegen unvollständiger Ausfüllung des FB 223 ausgeschlossen, so gehe auch der NU leer aus.

Den mit der Ausfüllung des FB 223 verbundenen Aufwand halte der AG so gering wie möglich, indem lediglich der für den Zuschlag vorgesehene Bieter die Aufschlüsselung der EP auf konkrete Anforderung beizubringen habe; genau so sei der AG hier vorgegangen, eine standardmäßige Abforderung dieses Formblatts schon mit Angebotsabgabe sei gerade nicht gefordert worden.

Die Anforderung bei A sei auch nicht willkürlich gewesen, sondern zulässigerweise erfolgt. Da A das Angebot mit dem niedrigsten Preis abgegeben habe und dieses sowohl deutlich unter der Auftragswertschätzung des AG als auch unter dem nachfolgenden Angebot gelegen habe, sei der AG zu Recht davon ausgegangen, dass eine Preisprüfung nach § 16d Abs. 1 VOB/A erforderlich gewesen sei.

Unstreitig sei, dass A das FB 223 zwar fristgemäß, jedoch in weiten Teilen unausgefüllt eingereicht habe. Nach der Rechtsprechung sei jedoch anerkannt, dass infolge der Nicht-Eintragung der geforderten Angaben bzw. Erklärungen diese i.S.v. § 16 EU Nr. 4 S. 1 VOB/A fehlten, denn ein Fehlen sei nicht nur dann gegeben, wenn ein gefordertes Dokument, hier das FB 223, in Gänze nicht eingereicht werde, sondern auch im Falle von nicht vollständig vorgenommenen Eintragungen. Denn nicht das gesamte FB 223 sei die abzugebende Erklärung, sondern dieses bestehe aus einer Vielzahl einzutragender Einzelerklärungen.

Eine Nachforderung der unterbliebenen Angaben komme hier nicht in Betracht. Die Nachforderungsmöglichkeit sei nur eröffnet in Bezug auf Unterlagen, die mit dem Angebot einzureichen seien, denn im Rahmen der Angebotserstellung stünden die Bieter regelmäßig unter hohem Zeitdruck, so dass typischerweise versäumt werden könne, alle geforderten Unterlagen und Erklärungen mit dem Angebot einzureichen. Eine Situation erhöhten Zeitdrucks bestehe indes nicht mehr, wenn der AG erst nach Angebotsabgabe Erklärungen anfordere. Dieser Rechtsgedanke habe Eingang gefunden in § 16 EU Nr. 4 S. 1 VOB/A, wonach es keine Nachforderung gebe, wenn die Erklärungen erst auf gesondertes Anfordern nach Angebotsabgabe einzureichen seien. Ebenso wenig komme hier eine Aufklärung nach § 15 EU Abs. 1 VOB/A in Betracht, denn um den Fehler zu heilen, müsste das FB 223 ergänzt werden um die fehlenden Preisangaben. Eine Vervollständigung einer unvollständigen Preisaufschlüsselung gehe aber über eine bloße Aufklärung hinaus.


 

Anmerkung:


 

Sowohl bei Nachforderungen gem. § 16a EU VOB/A wie auch bei Preisaufklärungen gem. § 15 EU VOB/A ist immer wieder zu beobachten, dass Bieter dem Auftraggeber erklären, sie hätten auf die Preise ihrer Nachunternehmer keinen Einfluss und könnten daher diese weder aufklären noch aufschlüsseln. Wie die o.g. Entscheidung zeigt, sind derartige Erklärungen für den Auftraggeber letztlich unbeachtlich, denn nach ständiger Rechtsprechung ist es einem Bieter vielmehr grundsätzlich zumutbar, gegenüber dem Auftraggeber die Preise der Nachunternehmer im Einzelnen aufzuschlüsseln (siehe auch BGH, Urt. v. 13.09.2022 – XIII ZR 9/20; OLG Düsseldorf, B. v. 19.05.2021 – Verg 13/21).