Gebäudetyp E: Chancen und Herausforderungen
Mit dem „Gebäudetyp E“ soll die Bauwirtschaft neuen Schwung erhalten und dringend benötigter Wohnraum geschaffen werden. Dieser neue Gebäudestandard basiert auf der „Leitlinie und Prozessempfehlung“, die vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) gemeinsam mit dem Bundesministerium der Justiz (BMJ) entwickelt wurde. Ziel ist es, flexiblere Bauprozesse zu ermöglichen und gleichzeitig die Kosten zu senken.
Erstmals erlaubt der Gebäudetyp E unter bestimmten Voraussetzungen fachkundigen Bauunternehmen, von anerkannten Regeln der Technik (aRdT) abzuweichen, ohne die Sicherheit zu beeinträchtigen. Das Gesetz wurde am 6. November 2024 verabschiedet und anschließend veröffentlicht. Doch bereits im Vorfeld wies der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) auf Fehler und Unstimmigkeiten hin, insbesondere in Bezug auf die Elektroinstallation.
Unstimmigkeiten in der Leitlinie: Fehlangaben bei Elektroinstallationen
Eine zentrale Kritik des ZVEH richtet sich gegen die in der Leitlinie enthaltenen Angaben zur Elektroinstallation. Dort wird behauptet, eine Dreizimmer-Wohnung mit 75 Quadratmetern benötige mindestens 47 Steckdosen gemäß DIN-Norm. Diese Zahl wurde trotz fachlicher Einwände in die endgültige Version übernommen und sogar von den Medien weiterverbreitet.
Tatsächlich ist diese Zahl lediglich eine Empfehlung und keineswegs bindend. Das Oberlandesgericht Düsseldorf stellte bereits 2023 klar, dass Normen für Elektroinstallationen zwar Orientierungsrahmen bieten, jedoch nicht verpflichtend sind.
Sparpotenzial und Risiken durch weniger Steckdosen
Eine Reduzierung der Steckdosen, etwa auf 24 pro Wohnung, wird oft als Maßnahme zur Kostensenkung angeführt. Laut Schätzungen des ZVEH könnten so Einsparungen im mittleren dreistelligen Bereich erzielt werden. Allerdings birgt diese Maßnahme erhebliche Nachteile.
Zu wenige Steckdosen führen häufig zur Nutzung von Mehrfachsteckdosen, was das Brandrisiko erhöht. Zudem verursacht eine spätere Nachrüstung hohe Zusatzkosten. Eine solche Reduzierung könnte daher langfristig mehr Probleme schaffen, als sie kurzfristig löst.
Normen als Basis für Sicherheit und Effizienz
Der ZVEH betont die unverzichtbare Rolle von Normen für die Elektroinstallation. Diese wurden speziell entwickelt, um Sicherheit und Kompatibilität zu gewährleisten, insbesondere angesichts der zunehmenden Nutzung von Elektrogeräten und dezentraler Energiequellen wie Photovoltaik.
„Normen sind keine Last, sondern essenziell für sicheres und effizientes Bauen“, erklärt Alexander Neuhäuser, Hauptgeschäftsführer des ZVEH. Dabei sei es jedoch wichtig, zwischen unverzichtbaren Sicherheitsregelungen und optionalen technischen Lösungen zu unterscheiden. Letztere könnten vom finanziellen Spielraum der Bauherren abhängig gemacht werden.
Klare Vorgaben für den Gebäudetyp E notwendig
Der Gebäudetyp E bietet große Chancen für kostengünstiges und flexibles Bauen, steht jedoch vor Herausforderungen bei der praktischen Umsetzung, insbesondere bei der Elektroinstallation. Es ist entscheidend, klar zwischen bindenden Sicherheitsvorgaben und optionalen Lösungen zu unterscheiden. Nur so kann der Gebäudetyp E das Potenzial entfalten, das ihm zugeschrieben wird, ohne Komfort und Sicherheit zu gefährden.