Mindestlöhne und Tariftreue: Missstände auf Baustellen

Mindestlöhne und Tariftreue: Missstände auf Baustellen

Mindestlöhne und Tariftreue: Missstände auf Baustellen

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Wanderbaustellen prägen das Bild Deutschlands, insbesondere durch den boomenden Glasfaserausbau. Doch hinter den Kulissen herrschen oft prekäre Bedingungen. Laut IG Bau erhalten viele Fachkräfte nicht einmal den gesetzlichen Mindestlohn und leben in mangelhaften Unterkünften. Zudem werden gesetzliche Regelungen häufig umgangen. Die Kontrolle solcher Baustellen gestaltet sich schwierig. „Hier zeigt sich erneut die Dringlichkeit eines bundesweiten Tariftreuegesetzes, besonders für die Bauindustrie“, fordert Robert Feiger, Bundesvorsitzender der IG Bau. Ohne klare Regelungen droht ein Rückfall in willkürliche Beschäftigungspraktiken.

Tariftreue als Voraussetzung für öffentliche Aufträge

Im Jahr 2022 hatten nur 51 Prozent der Arbeitnehmer Tarifverträge – ein abnehmender Trend. Die IG Bau fordert daher, öffentliche Aufträge ausschließlich an Firmen zu vergeben, die sich an Tarifverträge halten. Klare Regeln für Entlohnung, Arbeitszeit und Urlaub sollen so gewährleistet werden. Ein Problem stellen jedoch die häufigen Unterauftragsvergaben dar. Die Gewerkschaft schlägt vor, Subunternehmerketten auf zwei Glieder zu begrenzen und den ursprünglichen Auftraggeber bei Arbeitsverstößen haftbar zu machen. Bisher haftet nur die beauftragte Baufirma – Telekom, O2 oder Vodafone bleiben im Fall der Glasfaserverlegung außen vor.

Altersflexi-Geld: Unterstützung für ältere Beschäftigte

Die IG Bau lehnt eine Erhöhung des Renteneintrittsalters entschieden ab. Viele Beschäftigte in körperlich anstrengenden Berufen wie Bau oder Gebäudereinigung erreichen bereits das Renteneintrittsalter von 67 Jahren nicht. Stattdessen schlägt die Gewerkschaft das Altersflexi-Geld vor, eine Art Kurzarbeitergeld für Arbeitnehmer zwischen 58 und 63 Jahren, die ihre Arbeit nicht mehr in Vollzeit ausüben können. Finanziert werden soll das Modell durch Staat und Tarifparteien. Gleichzeitig positioniert sich die IG Bau gegen eine Rentenreform, die stark vom Aktienmarkt abhängig ist.

Wohnarmut bekämpfen: Sozialwohnungen und Mietpreisstopp

Die Wohnungsnot spitzt sich weiter zu. Rund 21,2 Prozent der Bevölkerung sind von Wohnarmut betroffen. Viele Haushalte müssen bereits 30 Prozent ihres Einkommens für Miete aufbringen. Mit einem Defizit von etwa 800.000 Wohnungen und einem rückläufigen Sozialwohnungsbestand fordert die IG Bau dringend Maßnahmen. Der Bund und die Länder sollen 50 Milliarden Euro in den Sozialwohnungsbau investieren und diesen durch zinsvergünstigte Darlehen fördern. Zudem drängt die Gewerkschaft auf einen langfristigen Mietpreisstopp, der auch im Koalitionsvertrag festgeschrieben werden soll.

Dringender Handlungsbedarf in der Baubranche

Ob Tariftreue, faire Rentenregelungen oder die Bekämpfung der Wohnarmut – die IG Bau macht auf gravierende Missstände aufmerksam. Klar ist, dass es ohne politische Unterstützung schwierig wird, die sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen der Baubranche zu bewältigen.