
Wohnungsbau-Krise 2024: Ökonomen sind pessimistisch
Ökonomen und die Baubranche rechnen für das neue Jahr mit einer anhaltenden Talfahrt im Wohnungsbau. Das ifo-Institut in München schätzt, dass im Jahr 2024 nur etwa 225.000 Wohnungen fertiggestellt werden könnten, was einem Rückgang von 45.000 im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Auch die wichtigsten Branchenverbände, der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes, sind pessimistisch, obwohl ihre jeweiligen Prognosen leicht voneinander abweichen.
Unterschiedliche Trends im Wohnungsbau
Ludwig Dorffmeister, ein Ökonom des ifo-Instituts, geht davon aus, dass im Jahr 2024 lediglich 70.000 neue Ein- und Zweifamilienhäuser fertiggestellt werden, was den niedrigsten Wert seit 2009 darstellen würde. Im Gegensatz dazu zeigt der Mehrfamilienhausbau, einschließlich Wohnheimen, mit 125.000 neuen Wohneinheiten eine stabilere Entwicklung. Im Jahr 2023 wurden nach Schätzungen des ifo-Instituts etwa 25.000 neue Wohnungen mehr in Mehrfamilienhäusern gebaut.
Schließlich könnten laut der Prognose des ifo-Instituts im Jahr 2024 weitere 30.000 Wohnungen in bereits bestehenden Häusern und Nichtwohngebäuden entstehen, was insgesamt zu den genannten 225.000 führen würde.
Die DZ Bank, das Zentralinstitut der deutschen Genossenschaftsbanken, erwartet sogar eine Beschleunigung des Abwärtstrends. Aufgrund der anhaltenden Baukrise könnten die jährlichen Fertigstellungen bis 2025 auf 200.000 Wohnungen fallen, so eine kürzlich veröffentlichte Prognose.
Politische Ziele und Realität
Die politische Zielvorgabe der Bundesregierung liegt bei 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr. Viele Fachleute hielten diese Zahl schon in besseren Zeiten für ehrgeizig, aber mittlerweile wird sie als unerreichbar angesehen.
Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrie-Verbands, äußerte sich besorgt: "Wir blicken mit Sorgen ins kommende Jahr, vor allem der Wohnungsbau trübt die Aussichten." Angesichts der stark gesunkenen Auftragseingänge werde sich die Lage im Jahr 2024 im Vergleich zum Vorjahr voraussichtlich weiter verschlechtern.
Der Zentralverband des Baugewerbes, eine Interessenvertretung mittelständischer Bauunternehmen, erwartet für 2024 einen Umsatzrückgang von minus 13 Prozent im Bauhauptgewerbe und rechnet mit nur 235.000 neuen Wohnungen.
Gemäßigtere Prognosen
Im Gegensatz dazu war das DIW Berlin in einem im Dezember veröffentlichten Gutachten etwas weniger pessimistisch und prognostizierte nur einen geringfügigen Rückgang von 270.000 neuen Wohnungen im Jahr 2023 auf 265.000 in diesem Jahr.
Ursachen der Krise
Die gestiegenen Baukosten und Kreditzinsen seit 2020 sowie die Unsicherheiten rund um die Förderprogramme des Bundes und die aktuellen Haushaltskürzungen der Regierung tragen zur Krise bei. Hinzu kommen die wachsende Bürokratie und immer strengere Bauvorschriften, die von Baufirmen und Fachleuten als Herausforderungen genannt werden.
Warnung vor Personalabbau
Die Wohnungsnachfrage in den Städten ist weiterhin hoch, obwohl die Immobilienpreise gesunken sind. Die Mieten sind jedoch vielerorts gestiegen. Eine große Sorge besteht darin, dass die Baubranche möglicherweise Personal abbaut, was die Wiederbelebung des Wohnungsmarktes in Zukunft erschweren könnte.
"Jetzt muss es darum gehen, einen massiven Absturz zu verhindern, der für die Wohnungsbaubranche, aber auch für den sozialen Zusammenhalt dramatisch wäre", fordert Bauindustrie-Hauptgeschäftsführer Müller.