Stillstand: Bauen verliert weiter an Tempo
Das Bauen in Deutschland kommt zunehmend ins Stocken. Laut einer aktuellen Analyse der Berliner Unternehmensberatung Finatycs auf Basis von Destatis-Daten sind die Baugenehmigungen zwischen 2019 und 2024 um 32,9 Prozent zurückgegangen, während die Zahl der Fertigstellungen im gleichen Zeitraum um 18,2 Prozent sank. Innerhalb von fünf Jahren wurden damit mehr als 61.000 Projekte weniger abgeschlossen. Der sogenannte Bauüberhang – also die Zahl der genehmigten, aber noch nicht fertiggestellten Bauvorhaben – stagniert hingegen auf hohem Niveau. 2024 lag er bei rund 529.700 Einheiten. Diese Entwicklung zeigt, dass sich die Bautätigkeit deutlich verlangsamt. Gründe sind steigende Baukosten, schwierige Finanzierungsbedingungen, mangelnde Planungskapazitäten und zunehmende bürokratische Hürden. Besonders stark betroffen sind Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern, während Hamburg, das Saarland und Berlin ihre offenen Bauvorhaben deutlich reduzieren konnten.
Rückgang der Baugenehmigungen spiegelt Bautief wider
Der bundesweite Vergleich verdeutlicht das Ausmaß des Einbruchs: 2019 wurden 383.987 Bauvorhaben genehmigt, 2024 nur noch 257.573. Auch bei den Fertigstellungen ging die Zahl von 337.479 auf 276.190 zurück. Der Bauüberhang blieb mit einem leichten Plus von 1,04 Prozent nahezu konstant, was auf eine zunehmende Zahl begonnener, aber nicht abgeschlossener Projekte hinweist.
Regionale Unterschiede beim Bauüberhang
In Hamburg konnte der Bauüberhang um 26,22 Prozent abgebaut werden, im Saarland um 20,32 Prozent und in Berlin um 16,62 Prozent. Brandenburg hingegen verzeichnete ein Plus von 15,44 Prozent, Nordrhein-Westfalen einen Anstieg um 9,40 Prozent. Diese Unterschiede zeigen, dass die Bauaktivität regional sehr unterschiedlich verläuft.
Bauherren unter Druck
Zwischen den Bauherrengruppen zeigen sich ebenfalls klare Unterschiede. Den größten Zuwachs an offenen Projekten verzeichneten Immobilienfonds mit plus 43,71 Prozent. Auch land- und forstwirtschaftliche Betriebe sowie öffentliche Bauherren meldeten mehr Überhänge, während private Bauherren ihre offenen Projekte leicht reduzieren konnten. Laut Finatycs-Partner Eduard Kobert zeigen die Zahlen, wie stark die Branche unter Druck steht. Nur durch klare Datenanalysen und nachvollziehbare Reportings könnten Unternehmen und Entscheider ihre Strategien anpassen.
Strukturelle Herausforderungen der Bauwirtschaft
Die Untersuchung macht deutlich, dass sich der Gebäudebau in einer tiefgreifenden Anpassungsphase befindet. Hohe Zinsen, Materialengpässe und Fachkräftemangel bremsen die Bautätigkeit aus, während der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum weiter steigt. Ohne gezielte Gegenmaßnahmen droht die Kluft zwischen Planung und Umsetzung noch größer zu werden – mit gravierenden Folgen für Bauwirtschaft, Handwerk und Investoren.