Abnahme beim GU ≠ Abnahme beim NU
§ 641 Abs. 2 BGB, der in seiner Nr. 2 besagt, dass die Vergütung des (Nach-) Unternehmers spätestens fällig wird, wenn der Besteller das Werk des (Haupt-) Unternehmers abgenommen hat, führt nur zur Fälligkeit der Vergütung (soge-nannte Durchgriffsfälligkeit), die übrigen Wirkungen der Abnahme werden dadurch jedoch nicht ausgelöst. Dies hat das OLG Stuttgart mit Urteil vom 22.10.2024 (Az.: 10 U 34/24) entschieden.
Der Fall: Ein Generalunternehmer (GU) baut für einen Auftraggeber (AG) und be-dient sich dazu für Teilleistungen eines Nachunternehmers (NU). Später nimmt AG die Leistung des GU ab. GU hingegen hält wegen Mängeln an dem Gewerk des NU einen Teil der Zahlung zurück. NU behauptet, Mängel seien nicht vorhanden, außer-dem gelte auch seine Leistung gemäß § 641 Abs. 2 BGB als abgenommen, deshalb trage GU die Beweislast für die behaupteten Mängel.
Das Urteil: Dem folgt das OLG Stuttgart nicht. Nach § 641 Abs. 2 Nr. 2 BGB führe schon nach seinem Wortlaut lediglich dazu, dass die Vergütung des NU fällig werde. Die übrigen Wirkungen der Abnahme (Umkehr der Beweislast, Gefahrübergang, En-de der Herstellungs- und Beginn der Gewährleistungsfrist usw.) treten hingegen durch die Zahlung des AG an GU nicht ein. Mit anderen Worten: Eine Abnahme der Leistung des NU durch GU ist nach wie vor erforderlich und sofern sie streitig ist, ist hierüber Beweis zu erheben. Auch das Argument, dann laufe § 641 Abs. 2 Nr. 2 BGB leer, lässt das OLG Stuttgart nicht gelten. Wenn die Fälligkeit des Werklohnes eingetreten sei, könne sich AG nur noch auf ein Zurückbehaltungsrecht gemäß §§ 641 Abs. 3, 320 BGB berufen.
Fazit: Die Frage, ob sich im Falle der sogenannten "Durchgriffsfälligkeit" auch die Beweislast umkehrt, ist durchaus nicht unumstritten. Dennoch dürfte die Auffassung des OLG Stuttgart angesichts des Wortlautes der Vorschrift und auch mit Blick auf § 641 Abs. 2 S. 2 BGB, der den Unternehmer im Falle von Mängeln zur Sicherheits-leistung verpflichtet, zutreffend sein. Sie gibt dem Nachunternehmer allerdings Steine statt Brot: Obwohl GU möglicherweise bereits voll bezahlt ist, muss NU nach wie vor um seine Abnahme gegenüber seinem Auftraggeber kämpfen und gegebenenfalls die Mängelfreiheit beweisen. Eine Ausnahme mag dann gelten, wenn die Mängelan-sprüche des AG bereits verjährt sind und dieser sich also auch später gar nicht mehr auf etwaige Mängel der Leistung des NU gegenüber dem GU berufen kann.