Sondervermögen: Viel Geld, keine Wirkung

Sondervermögen: Viel Geld, keine Wirkung

Sondervermögen: Viel Geld, keine Wirkung

  • Politik
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Das Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“ umfasst 500 Milliarden Euro über einen Zeitraum von zwölf Jahren. Jährlich stehen damit rund 30 Milliarden Euro für Bauinvestitionen bereit. Geplant sind Sanierungen von Brücken, Schulen und Schultoiletten sowie Investitionen in Schienen- und Straßeninfrastruktur. Nach Einschätzung einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) müssten die Vergabekapazitäten dafür um knapp zwei Drittel steigen.

Engpässe in Planung und Bauleitung

Bereits heute fehlen fast 10.000 Fachkräfte in Bauplanung und Bauüberwachung, insbesondere Bauingenieure, Prüfstatiker und Bauleiter. Rund 81 Prozent der ausgeschriebenen Stellen bleiben unbesetzt. Ohne ausreichend Planer und Bauleiter drohen Verzögerungen, da viele Projekte nicht umgesetzt werden können.

Tiefbau als kritischer Flaschenhals

Im Tiefbau sollen pro Jahr 18,8 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen investiert werden. Das entspricht einem notwendigen Kapazitätsanstieg von fast 18 Prozent. Doch schon heute fehlen über 4.000 Fachkräfte in diesem Bereich, vom Handwerker bis zum Ingenieur. Besonders problematisch ist der Gleisbau, in dem fast 70 Prozent der Stellen unbesetzt bleiben. Der von der Politik geplante Schwerpunkt auf Schienenprojekte ist dadurch erheblich gefährdet.

Fachkräftemangel im Handwerk

Zwischen Juli 2024 und Juni 2025 fehlten allein im Bauhandwerk über 30.000 qualifizierte Arbeitskräfte. Besonders betroffen sind die Bauelektrik, die Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik sowie das Dachdeckerhandwerk. In diesen Gewerken können mehr als zwei Drittel der offenen Stellen nicht besetzt werden. Viele Betriebe sind deshalb nicht in der Lage, Aufträge fristgerecht abzuarbeiten.

Preissteigerungen mindern Investitionswirkung

Steigen Nachfrage und Auftragsvolumen schneller als die verfügbaren Kapazitäten, erhöhen sich die Preise. Schon ein Anstieg der Baukosten um drei Prozentpunkte würde das Sondervermögen um 100 Milliarden Euro entwerten. Damit könnten für die bereitgestellten Mittel deutlich weniger Projekte umgesetzt werden. Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen, dass steigende Baupreise zusätzliche Etats in der Verkehrsinfrastruktur bereits stark belastet haben.

Langwierige Planungsverfahren

Große Verkehrsinfrastrukturprojekte benötigen in Deutschland im Schnitt mehr als 14 Jahre Planungszeit. Allein das Planfeststellungsverfahren dauert durchschnittlich viereinhalb Jahre. Zahlreiche Projekte des Sondervermögens könnten damit erst fertiggestellt werden, wenn die finanziellen Mittel längst aufgebraucht sind. Auch die Vergabe leidet unter Personalmangel in Bauämtern und Ingenieurbüros, wo tausende Fachkräfte fehlen.

Demografie und Zuwanderung als Herausforderung

Rund ein Viertel der Beschäftigten in den relevanten Bauberufen ist älter als 55 Jahre und wird in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Studienanfänger im Bauingenieurwesen kontinuierlich. Die Fachkräftesicherung durch Zuwanderung aus osteuropäischen EU-Staaten hat nachgelassen. Künftig müsse Deutschland gezielt Fachkräfte aus Drittstaaten anwerben und den Frauenanteil im Bauhandwerk erhöhen, der aktuell in vielen Gewerken unter zwei Prozent liegt.

Empfehlungen für einen Kurswechsel

Die IW-Studie empfiehlt, die Bauinvestitionen schrittweise und planbarer zu steigern, um Kapazitäten systematisch aufzubauen. Planung, Vergabe und Regulierung müssten vereinfacht werden, um Projekte schneller umzusetzen. Maßnahmen zur Fachkräftesicherung – von Weiterbildung und Berufsorientierung bis zur Anwerbung internationaler Fachkräfte – seien unverzichtbar. Gleichzeitig sollten Produktivität durch Digitalisierung und weniger Bürokratie gesteigert sowie Kommunen dauerhaft gestärkt werden. Nur so könne sichergestellt werden, dass die vorgesehenen Milliarden tatsächlich in Bauprojekte fließen und nicht durch Kostensteigerungen und Verzögerungen aufgezehrt werden.