Personal nicht benannt: Angebot unvollständig?
Die Vergabekammer (VK) Bund hat mit Beschluss vom 07.02.2025 - VK 1-116/24- folgendes entschieden:
1. Ein Angebot, in dem aufforderungswidrig nicht alle für die Auftragsdurchführung vorgesehenen Personen namentlich benannt und für diese zudem nicht die geforderten "Profile" (u.a. mit Angaben zu Qualifikation und beruflicher Erfahrung) vorgelegt werden, ist unvollständig und deshalb auszuschließen.
2. Zudem kommt ein Ausschluss wegen Änderung der Vergabeunterlagen in Betracht, wenn "das im Angebot benannte Personal (...) für die Auftragsausführung zwingend einzusetzen" ist und der Bieter dementgegen Personen benannt hat, die nicht bei ihm beschäftigt sind und bei denen mangels entsprechender Vorgespräche auch nicht feststeht, ob diese zumindest zukünftig bei beim Bieter arbeiten werden.
Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte Dienstleistungen im Bereich Kultur- und Kreativwirtschaft im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb europaweit ausgeschrieben. Ein Zuschlagskriterium (15% Gewichtung) war die Qualität des Projektpersonals. Die Vergabeunterlagen forderten Profile aller für die Auftragsausführung vorgesehenen Personen mit namentlicher Benennung, Angaben zu vorgesehenen Aufgaben, Qualifikation und beruflicher Erfahrung. Das benannte Personal war "zwingend einzusetzen". Nach mehreren Bieterfragen zur Qualität des Personals gaben Bieter A und B Angebote ab. B benannte mehrere Personen zwar namentlich, aber versehen mit dem Zusatz "oder Einstellung"; er machte keine weiteren Aussagen zu deren Erfahrungen und Qualifikationen, legte für diese keine Personalprofile vor und räumte ein, mit diesen Personen, die noch bei anderen Unternehmen beschäftigt waren, bisher keine Gespräche geführt zu haben. Anstelle von Angaben zu deren Qualifikation und Erfahrung fügte er Entwürfe von Stellenausschreibungen mit Anforderungsprofilen bei. Da der AG das Angebot des B für die Zuschlagserteilung vorsah, beantragte A nach erfolgloser Rüge Nachprüfung.
Die VK gibt Bieter A Recht; das Angebot des B sei zwingend auszuschließen.
Einmal sei das Angebot des B unvollständig und daher gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 2 VgV zwingend auszuschließen.
Für die Bewertung der Qualität der Angebote sollten die Bieter nach der Verfahrensbeschreibung "Profile des für die Auftragsausführung vorgesehenen Personals" einreichen, die u.a. Angaben zur Qualifikation und beruflichen Erfahrung der betreffenden Person enthalten mussten. Das im Angebot benannte Personal sei hiernach zudem "für die Auftragsausführung zwingend einzusetzen". Für welche Personen solche Profile vorgelegt werden sollten, wurde vom AG auf entsprechende Bieterfragen hin konkretisiert. Danach "seien Profile von konkreten Personen (namentliche Benennung) vorzulegen", die Frage, ob die "Benennung der Stellen inkl. Stellenbeschreibung" ausreiche, sei vom AG damit verneint worden. Diese Anforderung sei eindeutig. Die Bieter hätten in ihrem Angebot alle bei der Auftragsausführung einzusetzenden Personen namentlich benennen und für diese konkreten Personen Profile vorlegen müssen. Die klare und durch Unterstreichen noch einmal hervorgehobene Formulierung "alle" in der Antwort auf die Bieterfrage [...] lasse eine Auslegung, es komme auf eine "Gesamtschau" der Angaben zu den einzusetzenden Personen an, nicht zu.
B habe hier die geforderten Personalprofile in seinem Angebot nicht für alle von ihm für die Auftragsausführung vorgesehenen Personen vorgelegt. Zwar habe er mehrere Personen, insbesondere die, die für die Leitung des Gesamtprojekts vorgesehen seien, namentlich benannt und Angaben zu deren Qualifikation und beruflicher Erfahrung gemacht. Mehrere weitere Personen, die ebenfalls bei der Auftragsausführung tätig werden sollten, seien von ihm zwar ebenfalls namentlich benannt worden. Da diese aber noch nicht bei ihm beschäftigt seien, habe B keine weiteren Angaben zu deren Qualifikation und beruflicher Erfahrung gemacht und damit nicht wie gefordert für "alle" Personen Personalprofile vorgelegt. Stattdessen habe B zu diesen Personen vermerkt, dass anstelle der konkret benannten Person alternativ eine andere eingestellt werden könne und seinem Konzept Entwürfe von Stellenausschreibungen mit auf die konkrete Position bezogenen Anforderungsprofilen (Ausbildung, Berufserfahrung, besondere Fähigkeiten der Person) beigefügt. Solche reinen Stellenbeschreibungen erfüllten ausweislich der Bieterfrage [...] die vom AG aufgestellten Anforderungen jedoch nicht.
Ein solch unvollständiges Angebot müsse gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 2 VgV zwingend ausgeschlossen werden.
Der AG habe die fehlenden Personalprofile auch nicht von B nachfordern dürfen, da es sich hier um leistungsbezogene Unterlagen handele, die die Wirtschaftlichkeitsbewertung der Angebote anhand der Zuschlagskriterien beträfen (§ 56 Abs. 3 S. 1 VgV).
Des Weiteren sei das Angebot des B auch zwingend auszuschließen, weil er Änderungen an den Vergabeunterlagen i. S. d. § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV vorgenommen habe.
Wie sich aus der Verfahrensbeschreibung und der Antwort des AG auf die Bieterfrage [...] eindeutig ergebe, sei vom Bieter "das im Angebot benannte Personal für die Auftragsausführung zwingend einzusetzen". In seiner Antwort auf die Bieterfrage [...] habe der AG dies insoweit konkretisiert, als dass auch die Namen der betreffenden Personen angegeben werden mussten. Namentlich im Angebot zu benennen und damit anzubieten hätten also alle Personen müssen, die später auch für die Auftragsausführung eingesetzt werden sollten.
Dies habe aber B nicht getan. Vielmehr habe er in seinem Angebot u.a. Personen benannt, die bei ihm nicht beschäftigt seien und bei denen mangels entsprechender Vorgespräche auch nicht feststehe, ob diese zumindest zukünftig bei B arbeiten würden. Diese Personen könnten dem B nicht als eigenes Personal zugerechnet werden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 17. April 2019, VII-Verg 36/18).
Da somit B etwas anderes angeboten habe als ausgeschrieben, sei der Tatbestand des § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV erfüllt. Der Ausschluss seines Angebots sei auch in diesem Fall zwingend.
Anmerkung:
Der Auftraggeber ist verpflichtet, in seiner Ausschreibung eindeutig zu regeln, ob beim Zuschlagskriterium „Qualität des Personals“ konkrete Mitarbeiter namentlich zu benennen sind oder evtl. Stellenprofile genügen. Werden – so wie hier – ganz konkrete Personalprofile für alle einzusetzenden Personen gefordert, müssen diese vom Bieter auch vollständig vorgelegt werden, wobei Voraussetzung ist, dass das von ihm benannte Personal im Auftragsfall auch tatsächlich zur Verfügung steht. Nach der Rechtsprechung ist dies selbst dann zulässig, wenn sich derartige Ausschreibungen für Neueinsteiger am Markt (sog. “Newcomer“) evtl. als diskriminierend erweisen könnten.