Fertigbau klagt gegen Willkür

Fertigbau klagt gegen Willkür

Fertigbau klagt gegen Willkür

  • Hochbau
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Mitten in einer der schwersten Krisen der Bauwirtschaft führt die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) mit dem neuen 4. Gefahrtarif zu erheblichen Mehrbelastungen für Betriebe der Holzfertigbauindustrie. Mehr als 70 Unternehmen haben Klage eingereicht. Durch die neue Einstufung werden Hersteller von Holzfertigteilen in dieselbe Gefahrenklasse eingeordnet wie Zimmereien oder Dachdeckerbetriebe, obwohl ihre Arbeit überwiegend in geschützten Produktionshallen stattfindet und nachweislich mit geringeren Unfallzahlen verbunden ist. Nach Angaben der BG Bau selbst liegen die Unfallkosten im Fertigbau rund 26 Prozent niedriger als im klassischen Handwerk. Dennoch verdoppeln sich für die betroffenen Unternehmen die Beiträge und verursachen zusätzliche Kosten von rund 1.000 Euro pro Mitarbeiter und Jahr.

Branche sieht Ungleichbehandlung

Die Interessengemeinschaft Arbeitssicherheit Holzfertigteilbau (IGAH) bewertet die neue Einstufung als unverhältnismäßige Benachteiligung von Unternehmen, die durch industrielle Fertigung einen wichtigen Beitrag zum seriellen und klimaneutralen Wohnungsbau leisten. Die Entscheidung der BG Bau stehe aus Sicht der Verbände im Widerspruch zu den politischen Zielen, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Auch Vertreter der Holzindustrie kritisieren, dass Investitionen in Sicherheit und Effizienz durch höhere Beiträge faktisch bestraft würden.

Gerichte prüfen Rechtmäßigkeit des Gefahrtarifs

Das Sozialgericht Würzburg hat den 4. Gefahrtarif bereits als rechtswidrig eingestuft, da Holzfertigteilbauer und Zimmerer unterschiedlichen Gewerbezweigen angehören. Weitere Verfahren laufen an den Sozialgerichten in Freiburg und Reutlingen. Beobachter erwarten Entscheidungen im Herbst. Juristen bemängeln insbesondere das Zustandekommen des Tarifs und die unzureichende Begründung für die neue Gefahrenklassifizierung.

Fertigbau fordert faire Bedingungen

Die IGAH plant, die Interessen der Holzfertigbauer künftig stärker gegenüber der BG Bau und der BG Holz und Metall zu vertreten. Ziel ist eine Neubewertung der Gefahrenklassen auf Grundlage realistischer Unfallstatistiken sowie eine Entlastung jener Betriebe, die nachweislich in Sicherheit und Prävention investieren. Die Branche warnt, dass die aktuelle Beitragspolitik nicht nur die industrielle Bauweise, sondern auch die Schaffung bezahlbaren Wohnraums gefährde.