
Fehlende Widerrufsbelehrung kommt teuer!
Schließt ein Unternehmer mit einem Verbraucher außerhalb der eigenen Geschäftsräume bei beiderseitiger, gleichzeitiger Anwesenheit einen Bauvertrag, ohne den Verbraucher über sein Widerrufsrecht zu belehren, so steht dem Bauherrn das Widerrufsrecht ein Jahr und 14 Tage lang zu. Der Unternehmer erhält weder Vergütung noch Wertersatz, sondern muss im Gegenteil die bereits erhaltene Vergütung zurückzahlen. Das gilt auch, wenn der Unternehmer dem Auftraggeber vorher ein Angebot unterbreitet, der bei gleichzeitiger Anwesenheit geschlossene Vertrag jedoch von diesem Angebot abweicht. Das hat das OLG Stuttgart mit Urteil vom 16.11.2023 (Az.: 13 U 16/23) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 09.07.2025 (Az.: VII ZR 227/23 zurückgewiesen.
Der Fall: Auf der Terrasse des AG schließt dieser mit AN einen Bauvertrag über verschiedene Leistungen im Hause des AG. Zwar hat AN dem AG vorher ein Angebot übersandt. Der sodann bei gleichzeitiger Anwesenheit auf der Terrasse geschlossene Vertrag stimmt jedoch mit diesem Angebot nicht überein. Im Anschluss erbringt AN diverse Leistungen. Ca. sieben Monate später widerruft AG den Vertrag und verklagt AN auf Rückzahlung von fast 56.000,00 € an geleisteten Abschlägen.
Das Urteil: Im Gegensatz zum Landgericht Tübingen hält das OLG Stuttgart dieses Ver-halten des AG nicht für treuwidrig. Angebot und Annahme seien außerhalb der Geschäftsräume des AN bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Parteien zustande gekommen. Daher stand dem AG ein Widerrufsrecht zu. Auch die Tatsache, dass der BGH ein Widerrufsrecht verneint, wenn AN dem AG vorher ein Angebot unterbreitet hat und AG dies bei gleichzeitiger Anwesenheit nur noch annimmt, steht dem nicht entgegen. Hier wurde das vorab unterbreitete Angebot nämlich nicht einfach angenommen, sondern offenbar bei gleichzeitiger Anwesenheit noch verändert. Auch ein Anspruch auf Wertersatz steht dem AN nicht zu. Ein Verbraucherbauvertrag liegt hier nicht vor, da es weder um die Errichtung eines neuen Gebäudes noch um wesentliche, einem Neubau gleich kommende Veränderungen am Gebäude des AG geht. Auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (die Regelungen zum Widerrufsrecht gehen auf Europäisches Recht zurück) besagt ausdrücklich, dass ohne eine ordnungsgemäß erfolgte Belehrung keine Verpflichtung des Verbrauchers zur Vergütung von Leistungen besteht.
Fazit: Das Ergebnis ist für AN außerordentlich bitter! Alle Bauunternehmer sollten daraus folgendes lernen: Entweder werden die Verträge in den Geschäftsräumen des AN abgeschlossen oder aber eine gleichzeitige Anwesenheit der Parteien bei Vertragsschluss wird dadurch vermieden, dass dem AG z. B. per E-Mail ein Angebot unterbreitet wird, das dieser sodann schriftlich annimmt. Ein Fernabsatzvertrag (der gleichfalls zu einem Widerrufsrecht führt) wird in solchen Fällen in aller Regel jedenfalls bei Bauverträgen nicht gegeben sein. Lässt sich ein Vertragsschluss bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Parteien außerhalb der Geschäftsräume des AN nicht vermeiden, sollte unbedingt eine zutreffende Widerrufsbelehrung beigefügt und von AN der Erhalt quittiert werden. Das Formular vom ZDB und Haus & Grund zum Verbraucherbauvertrag enthält eine solche ordnungsgemäße Belehrung!