Baustellenprotokoll nicht widersprochen: Rechtsfolge?

Baustellenprotokoll nicht widersprochen: Rechtsfolge?

Baustellenprotokoll nicht widersprochen: Rechtsfolge?

  • Vergaberecht & Baurecht
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Die widerspruchslose Entgegennahme eines Baustellenprotokolls gilt als Einverständnis mit dessen Inhalt und zwar auch dann, wenn das Protokoll Vertragsänderungen enthält und wenn diese von einem vollmachtlosen Vertreter erklärt wurden. Dies hat das OLG Frankfurt mit Urteil vom 06.10.2023 (Az.: 29 U 143/21) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 04.12.2024 (Az.: VII ZR 196/23) zurückgewiesen.

Der Fall: AG beauftragt AN mit der Lieferung und dem Einbau von Fensterelementen. Die VOB/B ist in den Vertrag einbezogen. Mit der Bauleitung beauftragt der AG den B. B erklärt in einem Prüfvermerk die geplante Ausführung für "in Ordnung". Eine entsprechende E-Mail erhält AG im "cc". Außerdem wurde die Art der Ausführung in einem Baustellenprotokoll festgehalten. Auch dieses wurde sowohl an den AG als auch an den AN und den B in "cc" übersandt. AG reagiert nicht. Später behauptet er dann jedoch, der B sei zu rechtsgeschäftlichen Erklärungen für ihn - den AG - nicht bevollmächtigt gewesen, er zahle daher den ausstehenden Vergütungsbetrag nicht.

Das Urteil: Trotzdem verurteilt das OLG Frankfurt den AG zur Zahlung. Selbst wenn B zur Änderung des Vertrages nicht bevollmächtigt gewesen sei, so müsse AG dennoch die Erklärung des B nach den Grundsätzen der Anscheins- und Duldungsvollmacht gegen sich gelten lassen. Nach diesen Grundsätzen haftet der Vertretene, wenn er den Anschein erweckt, der Vertreter sei bevollmächtigt oder wenn er dessen Handeln explizit duldet. So liegt es hier. Durch den Prüfvermerk des B sei eine Vertragsänderung vereinbart worden. Unabhängig davon, ob B tatsächlich ohne Vollmacht gehandelt habe, müsse sich AG an den im Baustellenprotokoll festgehaltenen Vereinbarungen festhalten lassen. Hätte er die von B freigegebene und im Baustellenprotokoll vermerkte Änderung der Ausführung nicht gelten lassen wollen, so hätte er unverzüglich widersprechen müssen. AG könne sich also nicht hinter dem "Schild der Unkenntnis" verstecken. 

Fazit: Das ein Auftragnehmer die in einem Baustellenprotokoll festgehaltenen Änderungen eines Vertrages gegen sich gelten lassen muss, hat der BGH bereits entschieden. Hier liegt nun die umgekehrte Konstellation vor: Der vollmachtlose Vertreter B erklärt für AG eine Vertragsänderung, die Änderung gelangt dem AG durch den Prüfvermerk und das Baustellenprotokoll zur Kenntnis. Widerspricht er nicht unverzüglich, so ist er nach den Grundsätzen der Anscheins- und Duldungsvollmacht an die Vertragsänderung gebunden und muss die daraus resultierenden (Mehr-) Kosten bezahlen. Zum gleichen Ergebnis würde man - jedenfalls im kaufmännischen Geschäftsverkehr - auch unter Anwendung der Grundsätze des Schweigens auf kaufmännisches Bestätigungsschreiben (§ 362 HGB) gelangen. Danach bedeutet das Schweigen eines Kaufmanns auf ein Schreiben seines Vertragspartners Zustimmung, wenn es in einer ständigen Geschäftsbeziehung den geschlossenen Vertrag ändert, es sei denn der Kaufmann widerspricht dem Bestätigungsschreiben unverzüglich. Dass auch einem Baustellenprotokoll ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben in diesem Sinne sein kann, hat der BGH bereits entschieden.