BOKU macht Wiederverwendung zum Bauprinzip

BOKU macht Wiederverwendung zum Bauprinzip

BOKU macht Wiederverwendung zum Bauprinzip

  • Nachhaltigkeit
  • 4 Min

An der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) arbeitet ein interdisziplinäres Team daran, das Bauen grundlegend zu verändern. Ziel ist es, Bauteile künftig nicht zu entsorgen, sondern gezielt wiederzuverwenden. Im Forschungsprojekt KRAISBAU untersucht das Institut für Hochbau, Holzbau und kreislaufgerechtes Bauen, wie dieser Prozess ökologisch sinnvoll und zugleich wirtschaftlich umgesetzt werden kann. Dafür wird ein digitales Framework entwickelt, das präzise erfasst, welche Bauteile sich für eine Wiederverwendung eignen und unter welchen Bedingungen dies effizient möglich ist. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Tragstruktur von Gebäuden – sie bietet mit ihrem hohen Materialanteil das größte Potenzial für Ressourcenschonung. Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz soll die Analyse künftig noch genauer werden, indem unvollständige Datensätze automatisch ergänzt werden. Das übergeordnete Ziel: eine Baupraxis, die Materialien als dauerhafte Ressource begreift und damit die Grundlage für eine echte Kreislaufwirtschaft legt.

Digitale Analyseverfahren und Hightech-Prüfmethoden

Um den Zustand von Bauteilen realistisch zu bewerten, kombiniert das BOKU-Team automatisierte Building-Information-Modeling-Analysen (BIM) mit modernen Scan- und Fototechniken. Dabei werden Geometrie, Materialeigenschaften und Schadensbilder detailliert erfasst. Ergänzend kommen nichtinvasive Prüfverfahren wie Ultraschall- und Radartechnik zum Einsatz, um Verformungen oder Risse zu erkennen, ohne die Substanz zu beschädigen. Nur bei besonders kritischen Elementen werden stichprobenartig invasive Detailanalysen vorgenommen. Die gesammelten Daten fließen in eine strukturierte, mehrdimensionale IFC-basierte Datenbank ein. Diese verknüpft Informationen zu Lage, Nutzung, Zustand, Klimaexposition und Wartungshistorie – und bildet damit die Grundlage für automatisierte Bewertungen und langfristige Datennutzung. So entsteht ein digitales Werkzeug, das die Wiederverwendung planbar und reproduzierbar macht.

Matrix zur Wiederverwendbarkeit als Werkzeug für die Praxis

Im Labor testet das Forschungsteam neue Verfahren zur Beurteilung und Integration gebrauchter Materialien – von Druckprüfungen alter Ziegel bis zur Entwicklung kreislauffähiger Bauteile. Parallel werden Kriterien entwickelt, um fundierte Entscheidungen zwischen Wiederverwendung, Recycling und Sanierung treffen zu können. Die Ergebnisse fließen in eine „Matrix zur Wiederverwendbarkeit“ ein, die Planenden künftig hilft, ökologische und ökonomische Potenziale präzise zu bewerten. Damit entsteht eine praxisnahe Grundlage für eine neue Baupraxis, die Ressourcen intelligent nutzt und Abfall zu Wertstoff macht. Das Projekt KRAISBAU wird von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) und dem Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) unterstützt und gilt als wichtiger Baustein auf dem Weg zu einer zirkulären Bauwirtschaft.