
Pleitewelle rollt: Jede fünfte Insolvenz im Baugewerbe
Im Jahr 2024 erreichte die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Europa mit 190.449 Fällen den höchsten Stand seit 2013. Besonders stark betroffen ist das Baugewerbe, das einen überdurchschnittlichen Anstieg der Insolvenzen um 15,4 Prozent verzeichnete. Diese Entwicklung ist Teil eines breiten wirtschaftlichen Abschwungs, der vor allem kleine und mittlere Unternehmen im Bau- und Zulieferbereich stark unter Druck setzt.
Ursachen: Kosten, Zinsen, Nachfrage und Unsicherheit
Laut der Creditreform Wirtschaftsforschung sind die Gründe für die wachsende Zahl von Bauinsolvenzen vielfältig. Hohe Baukosten, gestiegene Finanzierungskosten, rückläufige Nachfrage und geopolitische Unsicherheiten belasten die wirtschaftliche Stabilität vieler Betriebe. Die Baubranche zählt mittlerweile zu den Hauptleidtragenden der wirtschaftlichen Schwächephase und ist zunehmend vom Insolvenzgeschehen in Westeuropa geprägt.
Deutschland und Frankreich besonders betroffen
In Deutschland stieg die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2024 auf 22.070 – ein Zuwachs von 22,5 Prozent und der höchste Wert seit fast zehn Jahren. Besonders betroffen ist das Bauhaupt- und Ausbaugewerbe. Die Branche leidet unter schwacher Bautätigkeit und der anhaltend strikten Zinspolitik. In Frankreich wurden sogar über 66.000 Insolvenzen verzeichnet. Der Bausektor verzeichnete dort einen Anstieg der Pleiten um 25,9 Prozent.
Bauwirtschaft als zentraler Krisenfaktor
Während sich die Lage im Handel und in der Industrie zuletzt stabilisierte, bleibt das Baugewerbe im Krisenmodus. Der Anteil der Baubranche an allen Unternehmensinsolvenzen in Westeuropa stieg von 17,2 Prozent im Jahr 2020 auf 19,6 Prozent im Jahr 2024. Damit ist das Baugewerbe nicht nur einer der größten Wirtschaftsbereiche, sondern aktuell auch einer der anfälligsten.
Akuter Handlungsbedarf für Politik und Branche
Die zugespitzte Situation verdeutlicht die Notwendigkeit gezielter Maßnahmen zur Stabilisierung des Bausektors. Erforderlich sind unter anderem erleichterte Kreditvergaben, steuerliche Anreize für Investitionen und passgenaue Förderprogramme. Ohne politische und wirtschaftliche Gegenmaßnahmen drohen weitere Insolvenzwellen und ein nachhaltiger Substanzverlust in der Bauwirtschaft. Die kommenden Monate werden entscheidend dafür sein, ob der Branche eine Stabilisierung gelingt oder eine weitere Marktbereinigung bevorsteht.