Fach-Forum bei ZÜBLIN : Digitalisierung und Kreislaufwirtschaft
Beim Fach-Forum „Bauen im Bestand“, das Neues Bauen – 80 Sekunden gemeinsam mit der Ed. Züblin AG am 28. und 29. Oktober 2025 in Köln ausrichtete, stand die Transformation des Gebäudebestands im Mittelpunkt. Expertinnen und Experten betonten, dass die Bauwende in der Bestandsentwicklung entschieden wird. Technologien, datenbasierte Werkzeuge und serielle Verfahren sind vorhanden – nun kommt es auf Anwendung, Skalierung und systematische Verankerung an. Der Bestand wird zunehmend nicht nur erhalten, sondern gestalterisch neu interpretiert und als Motor für nachhaltige Stadtentwicklung genutzt.
Bereits am Vorabend erhielten Teilnehmende bei der Besichtigung der Generalsanierung der Zentralbibliothek Köln Einblicke in eines der größten Umbauprojekte in Nordrhein-Westfalen. Digitale Planung, serielle Methoden und CO₂-arme Baustoffe greifen dort ineinander und dienen als Modell für zukunftsfähige Bestandsprojekte.
Politische Rahmenbedingungen und Branchenhaltung
Die Novellierung der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD 2.0) und die geplante nationale Umbauoffensive rücken Sanierung und Weiterbau in den Fokus. Fachleute bestätigen, dass die politischen Leitlinien grundsätzlich stimmen, jedoch Tempo, digitale Standards und verlässliche Investitionsbedingungen entscheidend bleiben. Umbaukultur gilt als Grundlage einer nachhaltigen Bauwirtschaft, ergänzt durch digitale Werkzeuge, Datentransparenz sowie verbindliche Kreislauf- und ESG-Kriterien.
Daten, Kreisläufe und neue Bewertungslogiken als zentrale Säulen
Das Forum zeigte vier strategische Handlungsfelder:
1. Digitale Bestandserfassung und Steuerung
KI-gestützte Gebäudedaten, digitale Gebäudepässe und BIM-Modelle liefern künftig die Basis für Sanierungsentscheidungen. Beispiele von Concular und dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP zeigten die Verbindung energetischer, materieller und wirtschaftlicher Parameter in digitale Entscheidungsmodelle. Präzision, Echtzeit-Transparenz und digitale Zwillinge sollen Planung, Logistik und Umsetzung im Bestand optimieren.
2. Kreislaufwirtschaft in der Praxis
Sortenreiner Rückbau, Materialrecycling und Wiederverwendung gelten als technologisch möglich, werden jedoch durch komplexe Regularien gebremst. Eine Arbeitsgruppe sprach sich für digitale Materialregister, einheitliche Standards und Rückbauleitfäden aus. ZÜBLIN erprobt modulare Systeme und sensorbasierte Materialkreisläufe in laufenden Projekten.
3. Neue ökonomische und kulturelle Bewertungsmaßstäbe
Beiträge von Arcadis, TH Köln und kadawittfeldarchitektur machten deutlich, dass Umbau als Werttreiber verstanden werden muss. Lebenszyklusanalysen, CO₂-Vermeidung und flexible Nutzungskonzepte sollen in Finanzierung und Förderung integriert werden.
4. Technologie und Zusammenarbeit
ZÜBLIN zeigte anhand aktueller Projekte, wie modulare Systeme, digitale Zwillinge und CO₂-optimierte Materialien Sanierung beschleunigen und messbar machen. Industrie- und Bauunternehmen verfügen laut Panel-Beiträgen über marktreife Lösungen; entscheidend sind nun Vernetzung und Umsetzung.
Impulse aus den Arbeitsgruppen
In vier Workshops entstanden Handlungsempfehlungen:
● Umbaukultur in Ausbildung, Vergabe und Kommunikation verankern
● Kreislaufwirtschaft durch digitale Datenbanken und Rückbauleitfäden vereinfachen
● Interoperable Schnittstellen zwischen Energie-, BIM- und ESG-Daten schaffen
● Serielle Prozesse in Ausschreibungen und Förderprogramme integrieren
Das Forum mündet in ein Forderungspapier mit Empfehlungen für Politik, Verwaltung und Wirtschaft. Es betont: Umbaukultur ist ein kultureller, ökonomischer und technologischer Schlüssel für die Bauwende. Digitale Prozesse, Bestandserhalt und Verantwortung für Ressourcen bestimmen die Zukunft der Branche.
Hintergrund: Netzwerk Neues Bauen – 80 Sekunden
Die Plattform bündelt Strategien und Innovationen für eine effizientere und nachhaltigere Bauwirtschaft und bietet Austausch zwischen Entscheidern, Forschung und Industrie zu digitalen Prozessen, seriellem Bauen und neuen Materialien.
Bild: © CC BY-SA 4.0, GeorgDerReisende