Kündigung "vorab per Fax" unwirksam!
Eine "vorab per Fax" erklärte Kündigung ist lediglich als Vorabinformation anzusehen und beinhaltet noch keine eigentliche Kündigungserklärung. Dies hat das OLG Koblenz mit Urteil vom 03.12.2021 (Az.: 3 U 2206/19) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 13.03.2024 (Az.: VII ZR 896/21) zurückgewiesen.
Der Fall: AG beauftragt den AN, einer ARGE, mit der Entsorgung von Baggergut. Nach Vertragsschluss streiten die Parteien darüber, auf welcher Deponie der Baggerschlamm entsorgt werden soll. Daraufhin kündigt AG den Vertrag mit Telefax vom 01.03.2011 und das Telefax enthält folgenden Hinweis: "vorab per Fax … per Einschreiben mit Rückschein". Das Schreiben ist vom stellvertretenden Amtsleiter des öffentlichen AG unterzeichnet. AN weist die Kündigung gemäß § 174 BGB zurück und droht seinerseits mit Kündigung wegen unterlassener Mitwirkungshandlungen des AG. Am 09.03.2011 lässt AN Taten folgen und kündigt den Vertrag gemäß § 9 Nr. 2 VOB/B. Am 14.03. geht AN sodann das Original der Kündigung vom 01.03. nebst Vollmachtsurkunde per Einschreiben zu. Die Kündigung des AG vom 01.03.2011 ist unwirksam. Bereits der Wortlaut der Erklärung spricht hier dafür, dass es sich lediglich um eine Vorabinformation handeln sollte, die erst später durch das eigentliche Kündigungsschreiben wirksam werden sollte. Außerdem greift die unverzügliche Zurückweisung durch AN gemäß § 174 S. 1 BGB. Der stellvertretene Amtsleiter war zur Vertretung des AG nicht bevollmächtigt, sondern "nur" unterbevollmächtigt. Daher wäre dem Telefax eine Vollmachtsurkunde beizulegen gewesen, was indes nicht geschah. Ebenso wenig wird die ursprüngliche Unwirksamkeit der Kündigung durch den Zugang der Original-Vollmachts-urkunde am 14.03.2011 nicht geheilt. AG kann sich nicht auf den (früheren) Faxeingang berufen. Ebenso wenig ist die Zurückweisung durch AN nach Treu und Glauben ausgeschlossen, denn auf dem Telefax war vermerkt, dass ein Original folgt. Dementsprechend hat die Kündigung des AN vom 09.03.2011 zur Beendigung des Vertrages geführt.
Fazit: Seit Reform des Bauvertragsrecht 2018 bedürfen alle Kündigungen von Bauverträgen gemäß § 650i BGB der Schriftform. Hier handelt es sich allerdings noch um einen Altfall, die Kündigung wurde per Telefax 2011 ausgesprochen. Jedenfalls damals dürfte ein Telefax mangels Schriftformerfordernis noch ausgereicht haben. Hier wurde jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Kündigung nur "vorab" per Fax übersandt wurde. Das deutet das OLG Koblenz so, dass erst die per Einschreiben auf den Weg gebrachte Kündigung das Vertragsverhältnis beenden sollte. Zudem war der stellvertretende Amtsleiter auch nicht bevollmächtigt. Nach dem jetzt gültigen Recht wäre eine Kündigung per Telefax ohnehin nicht wirksam, weil sie dem Schriftformerfordernis nicht genügt. Will also der Unternehmer eine Kündigung aussprechen, ist ihm zu raten, diese über alle möglichen Kanälen (E-Mail, Telefax, Post per Einwurf-Einschreiben) zu übermitteln, um sicherzugehen, dass die Kündigung dem Schriftformerfordernis entspricht und dass sie dem Gegner auch zugeht.