Welcher Schallschutz für Wohnungen?
Bei neu zu errichtenden Wohnungen ist schon bei der Planung ein erhöhter Schallschutz vorzusehen. Die DIN 4109 setzt insoweit lediglich Mindeststan-dards, bietet aber für durchschnittliche Wohnansprüche in einem Neubau kei-nen ausreichenden Schallschutz. Dies hat das OLG Frankfurt mit Urteil vom 30.12.2022 (Az.: 29 U 192/91) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulas-sungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 15.01.25 (Az.: VII ZR 9/23) zu-rückgewiesen.
Der Fall: AG beauftragt den Architekten AN mit der Planung und Bauüberwachung von Umbaumaßnahmen an einer denkmalgeschützten Scheune, in der Wohnungen neu errichtet werden sollen. Weder existiert ein schriftlicher Architektenvertrag noch gibt es Vereinbarungen zum geschuldeten Schallschutz. Aufgrund der Planung des Architekten wird ein Schallschutz nach den Mindestanforderungen der DIN 4109 ge-baut. AN hält dies für ausreichend. AG meint hingegen, es sei ein höherer Schall-schutz zu planen gewesen und nimmt AN daher auf Kostenvorschuss zur Beseiti-gung der Schallschutzmängel in Anspruch.
Das Urteil: Zu Recht, wie das OLG Frankfurt meint. Der geplante Schallschutz sei mangelhaft. Mangels einer ausdrücklichen Vereinbarung zum Schallschutz sei der Leistungsumfang aus dem Architektenvertrag durch Auslegung festzustellen. Maß-gebend hierfür wiederum ist - neben den allgemeinen anerkannten Regeln der Tech-nik - die berechtigte Erwartungshaltung des Bauherrn (und seiner Mieter bzw. Käu-fer!) bezüglich des zu erwartenden Schallschutzes. Sodann zitiert das OLG Frankfurt die Rechtsprechung des BGH, nach der der Mindestschallschutz nach der DIN 4109 lediglich den Mindeststandard darstellt, jedoch für durchschnittliche Wohnansprüche keinen ausreichenden Schallschutz bietet. AN wusste, dass die Wohnungen in der denkmalgeschützten Scheune vollständig neu errichtet wurden. So durfte der Bau-herr erwarten, dass neu geplante und errichtete Wohnungen dem für solche Neu-bauten üblichen Komfortstandard entsprechen werden. Der in der DIN 4109 normier-te Mindeststandard sei hingegen nicht ausreichend. Das OLG spricht AG daher Vor-schussanspruch zur Mängelbeseitigung zu.
Fazit: Die Frage, ob und inwieweit etwa DIN Normen allgemein anerkannte Regeln der Technik sind und/oder den zu erwartenden Standard im Neubau beschreiben, ist gerade in letzter Zeit immer wieder Gegenstand kontroverser Diskussionen. Das OLG Frankfurt betont hier mit der ständigen Rechtsprechung des BGH zu Recht, dass DIN Normen keine Rechtsnormen sind, sondern Technische Regelwerke - noch dazu von einer privaten Organisation (dem DIN) entwickelt – die lediglich Empfeh-lungscharakter haben. Zwar können DIN Normen durchaus die anerkannten Regeln der Technik wiedergeben, jedoch ist dies nicht in jedem Falle so. Dass die DIN 4109 nicht dem heute geschuldeten Schallschutzstandard entspricht, hat der BGH bereits an anderer Stelle entschieden (BGH, Az.: VII ZR 45/06). Eine ganz andere Frage ist es allerdings, ob die Parteien einen niedrigeren (Schallschutz-) Standard vereinbaren können, wie dies etwa in dem gegenwärtig intensiv diskutierten "Hamburg-Standard" der Fall ist. Diese Frage musste das OLG Frankfurt nicht entscheiden, da zum Schallschutz gar nichts vereinbart war. Gibt es hingegen eine ausdrückliche Verein-barung über einen (niedrigeren) Schallschutz, so dürfte eine derartige Vereinbarung auch gegenüber Verbrauchern wirksam sein, sofern sie nur hinreichend transparent ist und dem Käufer/Mieter verständlich erläutert, welche Nachteile ihm drohen, wenn der zu erwartende Standard unterschritten wird.