Wartepflicht

Die Wartepflicht ist ein zentraler Bestandteil des öffentlichen Vergaberechts, der nach § 134 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) festgelegt ist. Sie bezieht sich auf die Verpflichtung der Auftraggeber, eine bestimmte Zeitspanne abzuwarten, bevor sie einen Zuschlag erteilen und einen Vertrag abschließen dürfen. Diese Verpflichtung tritt in Kraft, nachdem die nicht berücksichtigten Bieter über die Entscheidung informiert wurden. Ziel ist es, den Bietern Schutz vor willkürlichen Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber zu bieten und die Möglichkeit einer Überprüfung oder Anfechtung der Entscheidung zu ermöglichen.

Informations- und Wartepflicht

Die Informationspflicht, die eng mit der Wartepflicht verbunden ist, besagt, dass alle Bieter, deren Angebote nicht angenommen wurden, rechtzeitig und umfassend informiert werden müssen. In dieser Mitteilung sind der ausgewählte Bieter sowie die Gründe für die Auswahl anzugeben. Die Wartepflicht tritt dann in Kraft und verhindert die sofortige Vertragsschließung zwischen Auftraggeber und dem erfolgreichen Bieter.

Dauer der Wartefrist

Nach § 134 Abs. 2 GWB und § 143 Abs. 1 GWB darf der Zuschlag erst nach Ablauf einer Frist von 15 Kalendertagen seit der Absendung der Information erteilt werden. Erfolgt die Benachrichtigung elektronisch oder per Fax, verkürzt sich diese Frist auf 10 Kalendertage. Diese Wartefrist, auch Stillhaltefrist genannt, beginnt am Tag nach der Absendung der Benachrichtigung.

Wartepflicht im Unterschwellenbereich

Im Bereich der Vergaben, die unterhalb der EU-Schwellenwerte liegen, bestand lange keine generelle Informations- und Wartepflicht, da frühere Regelungen wie § 18 VOL/A oder § 46 UVgO nur eine nachträgliche Information der Bieter vorsahen. Dies änderte sich jedoch, als mehrere Bundesländer vergleichbare Regelungen zu § 134 Abs. 1 GWB in ihre Landesvergabevorschriften aufnahmen und schließlich auch der Gerichtshof der Europäischen Union entschied, dass eine solche Pflicht zur Sicherung des Schutzes vor Willkür auch bei nationalen Vergaben notwendig ist.

Rechtliche Konsequenzen bei Nichteinhaltung

Die Nichteinhaltung der Wartepflicht kann erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Ein Zuschlag, der vor Ablauf der Wartefrist erteilt wird, ist gemäß GWB unwirksam. Diese Regelung dient dazu, die Transparenz und Fairness im Vergabeprozess zu wahren und sicherzustellen, dass alle Bieter gleich behandelt werden.

Zusammenfassend stellt die Wartepflicht eine wichtige Säule im öffentlichen Vergaberecht dar, die Fairness und Rechtssicherheit im Ausschreibungsprozess gewährleistet. Sie ermöglicht eine nachvollziehbare und überprüfbare Entscheidungsfindung und schützt sowohl die Interessen der Bieter als auch die Integrität des Vergabeverfahrens.