Verhandlungsverfahren

Das Verhandlungsverfahren ist eine spezifische Methode zur Vergabe öffentlicher Aufträge, die hauptsächlich bei Auftragswerten oberhalb der EU-Schwellenwerte zur Anwendung kommt. Es ermöglicht dem öffentlichen Auftraggeber, nach den Grundsätzen des Vergaberechts, entweder mit oder ohne vorherigen Teilnahmewettbewerb, direkte Verhandlungen mit Bietern über Vertragsinhalte und Preise zu führen. Dieses Verfahren zeichnet sich durch eine geringere Formalität im Vergleich zu offenen oder nicht offenen Verfahren aus, ist jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.

Ablauf und Besonderheiten

Ein zentrales Element des Verhandlungsverfahrens ist der Teilnahmewettbewerb, bei dem eine unbegrenzte Zahl von Unternehmen zur Einreichung von Teilnahmeanträgen aufgefordert wird. Diese Unternehmen übermitteln dann die benötigten Informationen zur Prüfung ihrer Eignung. Nach dieser Prüfung fordert der Auftraggeber ausgewählte Unternehmen zur Abgabe eines Erstangebots auf. Alternativ kann das Verfahren ohne Teilnahmewettbewerb direkt mit der Aufforderung zur Abgabe von Erstangeboten beginnen.

Die Vergaberechtsreform 2016 hat das Verhandlungsverfahren flexibler gestaltet und erlaubt es, insbesondere bei speziellen Anforderungen oder bei fehlgeschlagenen offenen oder nicht offenen Verfahren, dieses Verfahren zu nutzen.

Anwendungsbereiche und Grenzen

Die Verwendung des Verhandlungsverfahrens ist an bestimmte Bedingungen gebunden. Es kommt vor allem dann zum Einsatz, wenn individuelle Anpassungen, innovative Lösungen oder komplexe Auftragsstrukturen Verhandlungen erforderlich machen. Dazu zählen Aufträge, die wegen ihrer Art oder Komplexität vorherige Verhandlungen benötigen oder wenn technische Spezifikationen nicht präzise genug definiert werden können.

Verfahrensphasen

Das Verhandlungsverfahren gliedert sich in mehrere Phasen: den Teilnahmewettbewerb, eine erste Angebotsphase, eine Verhandlungsphase und eine zweite Angebotsphase. Jede Phase ist mit spezifischen Mindestfristen verbunden.

Rechtliche Grundlage

Rechtlich verankert und erläutert ist das Verhandlungsverfahren in verschiedenen Gesetzestexten wie der VOB/A, VOL/A, VOF, VSVgV, SektVO sowie im GWB. Es bildet somit einen integralen Bestandteil des europäischen und deutschen Vergaberechts.

Schlussfolgerung

Das Verhandlungsverfahren bietet dem öffentlichen Auftraggeber die Möglichkeit, in einem flexibleren Rahmen Aufträge zu vergeben, die aufgrund ihrer spezifischen Anforderungen oder Komplexität nicht in ein standardisiertes Vergabeschema passen. Es unterstützt dadurch eine maßgeschneiderte Auftragsvergabe und fördert innovative oder spezialisierte Lösungen. Wichtig ist dabei, dass alle vergaberechtlichen Grundsätze wie Transparenz, Wettbewerb und Gleichbehandlung gewahrt bleiben.