Untersuchungsgrundsatz

Der Untersuchungsgrundsatz, der auch als Amtsermittlungsgrundsatz bekannt ist, ist ein juristisches Prinzip, das im Rahmen von Nachprüfungsverfahren bei Vergabeverfahren Anwendung findet. Verankert in § 163 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), verpflichtet dieser Grundsatz die Vergabekammer dazu, den Sachverhalt in einem Nachprüfungsverfahren eigenständig und aktiv zu erforschen.

Aufgaben der Vergabekammer

Die Vergabekammer ist angehalten, alle relevanten Tatsachen eigenständig zu ermitteln, die für eine sachgerechte Entscheidung im Nachprüfungsverfahren erforderlich sind. Dabei ist sie nicht auf die Informationen oder Anträge der Verfahrensbeteiligten beschränkt. Sie hat die Befugnis, unabhängig vom Vorbringen der Beteiligten den Sachverhalt umfassend zu beleuchten.

Spannungsfeld mit dem Beschleunigungsgrundsatz

Ein interessanter Aspekt des Untersuchungsgrundsatzes liegt in seinem Spannungsverhältnis zum Beschleunigungsgrundsatz. Gemäß § 163 Abs. 1 Satz 4 GWB soll das Vergabeverfahren durch die Nachprüfung nicht unverhältnismäßig verzögert werden. Das erfordert eine ausgewogene Abwägung zwischen gründlicher Sachverhaltsermittlung und zügiger Verfahrensdurchführung.

Reichweite der Amtsermittlungspflicht

Die Vergabekammer hat die Verpflichtung, alle für ihre Entscheidung notwendigen Tatsachen aufzuklären. Das schließt auch offensichtliche, gravierende Verstöße gegen das Vergaberecht ein, auch wenn diese von den Antragstellern nicht explizit gerügt wurden.

Verfahrensablauf

Im Verlauf des Nachprüfungsverfahrens prüft die Vergabekammer zunächst die Zulässigkeit und Begründetheit des Antrags. Bei einem zulässigen und begründeten Antrag fordert sie vom Auftraggeber die relevanten Vergabeunterlagen an, um eine umfassende Überprüfung vorzunehmen.

Bedeutung für die Praxis

Der Untersuchungsgrundsatz stellt sicher, dass im Rahmen von Vergabenachprüfungsverfahren eine objektive und unabhängige Überprüfung stattfindet, um eine faire und gesetzeskonforme Vergabepraxis zu gewährleisten. Er trägt dazu bei, die Transparenz und Rechtmäßigkeit im Vergabeprozess zu sichern und bietet somit ein wichtiges Instrument zur Wahrung der Integrität öffentlicher Beschaffungsprozesse.