Scheinausschreibung
Eine Scheinausschreibung im Vergaberecht liegt vor, wenn ein öffentlicher Auftraggeber eine Ausschreibung durchführt, ohne die tatsächliche Absicht zu haben, Angebote von Bietern zu erhalten und einen Auftrag zu vergeben. Solche Ausschreibungen dienen nicht dem eigentlichen Zweck der Auftragsvergabe, sondern werden für andere, oft vergabefremde, Zwecke genutzt. Sie täuschen über die tatsächliche Vergabeabsicht hinweg und führen dazu, dass Bieter Ressourcen aufwenden, ohne eine reale Chance auf den Zuschlag zu haben.
Unzulässigkeit und rechtliche Grundlagen
Gemäß § 2 Abs. 5 VOB/A, § 2 Abs. 3 VOL/A und § 20 Abs. 2 UVgO ist das Durchführen von Scheinausschreibungen im Vergaberecht ausdrücklich verboten. Diese Regelungen fordern, dass hinter jeder Ausschreibung eine echte Vergabeabsicht stehen muss, um die Transparenz und Fairness des Wettbewerbs zu gewährleisten. Scheinausschreibungen verstoßen somit gegen die Grundsätze des fairen und offenen Wettbewerbs im Vergaberecht.
Zwecke von Scheinausschreibungen
Häufige Gründe für Scheinausschreibungen sind die Durchführung von Markterkundungen, das Einholen von Kostenanschlägen oder Preislisten, oder die Nutzung der Ausschreibung als Mittel zur Informationssammlung. In einigen Fällen können sie auch eingesetzt werden, um bestimmte Bieter zu bevorzugen oder den Markt zu testen, ohne eine reale Vergabeabsicht zu haben.
Risiken für Bieter und Auftraggeber
Für Bieter stellen Scheinausschreibungen ein Risiko dar, da sie Zeit und Geld in die Erstellung von Angeboten investieren, ohne eine echte Chance auf den Zuschlag zu haben. Für Auftraggeber besteht das Risiko rechtlicher Konsequenzen, da Scheinausschreibungen eine Täuschung der Bieter und einen Verstoß gegen vergaberechtliche Vorschriften darstellen.
Anzeichen für Scheinausschreibungen
Bieter sollten auf Anzeichen achten, die auf Scheinausschreibungen hindeuten könnten, wie beispielsweise extrem detaillierte oder spezifische Anforderungen, die nur wenige Bieter erfüllen können, oder ungewöhnliche und innovative Auftragstitel, die auf einen Test des Marktes oder eine Abschreckung potenzieller Bieter abzielen könnten. Häufig wiederkehrende Ausschreibungen ohne tatsächliche Vergabeabsicht sind ebenfalls verdächtig.
Bedeutung im Vergabekontext
Scheinausschreibungen untergraben das Vertrauen in den Vergabeprozess und schaden dem Prinzip des fairen Wettbewerbs. Sie stellen eine unzulässige Praxis dar, die sowohl für Bieter als auch für Auftraggeber negative Folgen haben kann. Die Einhaltung der vergaberechtlichen Bestimmungen und die Durchführung von Ausschreibungen mit echter Vergabeabsicht sind entscheidend, um die Integrität und Effizienz des Vergabewesens zu wahren.