Schätzung des Auftragswertes
Die Schätzung des Auftragswertes ist ein wesentlicher Schritt im Rahmen der Vorbereitung eines Vergabeverfahrens durch öffentliche Auftraggeber. Sie dient dazu, den finanziellen Umfang eines geplanten Auftrags realistisch und objektiv einzuschätzen. Diese Bewertung ist entscheidend für die Bestimmung des Vergabeverfahrens – ob national oder europaweit – und beeinflusst, ob und inwieweit das Vergabeverfahren der Kontrolle durch Vergabekammern und Oberlandesgerichte unterliegt.
Rechtliche Vorgaben und Rahmenbedingungen
Laut § 3 der Vergabeverordnung (VgV) muss die Schätzung des Auftragswertes objektiv, realistisch und nachvollziehbar erfolgen. Sie soll auf dem voraussichtlichen Gesamtwert der vorgesehenen Leistung ohne Umsatzsteuer basieren. Dies beinhaltet auch die Berücksichtigung aller Optionen, Vertragsverlängerungen und gegebenenfalls Prämien oder Zahlungen an Bewerber oder Bieter. Bei Rahmenvereinbarungen ist der Gesamtwert aller geplanten Einzelaufträge während der Laufzeit der Vereinbarung maßgebend.
Verbot der manipulativen Schätzung
Das Vergaberecht verbietet explizit eine Schätzung des Auftragswertes in der Absicht, die Anwendung der vergaberechtlichen Bestimmungen zu umgehen. Eine künstliche Aufteilung des Auftragswerts oder eine absichtliche Unterschätzung, um vergaberechtliche Vorschriften zu umgehen, sind nicht zulässig.
Berechnung bei zeitlich begrenzten Aufträgen
Bei zeitlich begrenzten Aufträgen mit einer Laufzeit bis zu 48 Monaten ist der Gesamtwert für die Laufzeit des Vertrages maßgeblich. Bei Verträgen mit einer begrenzten Laufzeit und einer Kündigungsfrist nach Ablauf dieser Frist wird der Vertrag für die Schätzung wie ein unbefristeter Vertrag behandelt, wobei der 48-fache Monatswert anzusetzen ist.
Berücksichtigung aller Lose
Bestehen die zu vergebenden Aufträge aus mehreren Losen, so sind diese gemäß § 3 Abs. 7 VgV bei der Schätzung des Auftragswertes insgesamt zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für gleichartige Planungsleistungen, die in einem inneren Zusammenhang stehen.
Zeitpunkt der Schätzung
Der maßgebliche Zeitpunkt für die Schätzung des Auftragswertes ist der Tag, an dem die Auftragsbekanntmachung abgesendet wird oder das Vergabeverfahren auf sonstige Weise eingeleitet wird.
Relevanz und Konsequenzen
Die Schätzung des Auftragswertes hat erhebliche Auswirkungen auf die Durchführung des Vergabeverfahrens. Sie ist entscheidend dafür, ob die Vergabe national oder EU-weit erfolgt und ob die Vergabe bestimmten Schwellenwerten und damit verbundenen rechtlichen Anforderungen unterliegt. Eine sorgfältige und regelkonforme Schätzung ist daher unerlässlich, um Compliance im Vergabeprozess zu gewährleisten und Transparenz sowie Fairness im Wettbewerb zu sichern.