Nachtrag

Ein Nachtrag bezeichnet in der Vertragsabwicklung eine zusätzliche Leistungsforderung des Auftraggebers, die über den ursprünglich vereinbarten Vertragsinhalt hinausgeht. Solche Forderungen treten häufig auf, wenn sich während der Laufzeit eines Projekts neue Anforderungen oder Notwendigkeiten ergeben, die bei Vertragsabschluss noch nicht absehbar waren.

Vergütungsanspruch und rechtliche Grundlagen

Im Falle eines Nachtrags hat der Auftragnehmer in der Regel einen Anspruch auf eine angepasste oder besondere Vergütung. Die Kalkulation dieser Vergütung basiert auf den vertraglichen Bestimmungen und den Vorgaben der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL/B) bzw. der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B). Diese Regelwerke definieren, wie Nachtragsforderungen zu bewerten und abzurechnen sind.

Vergaberechtsmodernisierung und § 132 GWB

Seit der Einführung des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes im Jahr 2016 gelten spezifische Regeln für die Vergabe von Nachträgen. Gemäß § 132 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) können Nachträge unter bestimmten engen Voraussetzungen auch ohne ein neues Vergabeverfahren an den aktuellen Auftragnehmer vergeben werden. Dies ist insbesondere der Fall, wenn während der Vertragslaufzeit eines öffentlichen Auftrags Änderungen notwendig werden.

Ausnahmeregelungen und Bekanntmachungspflicht

In bestimmten Ausnahmefällen, wie in § 132 Abs. 2 Nr. 2 GWB beschrieben, können zusätzliche Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen erforderlich werden, ohne dass ein neues Vergabeverfahren erforderlich ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Wechsel eines Auftragnehmers erhebliche Schwierigkeiten oder zusätzliche Kosten verursachen würde. Jeder Zusatzauftrag muss jedoch regulär im Amtsblatt der Europäischen Union bekannt gemacht werden, um Transparenz zu gewährleisten und Wettbewerbern die Möglichkeit zu geben, die Rechtmäßigkeit des Nachtrags zu überprüfen.

Praktische Implikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Für öffentliche Auftraggeber ist es wichtig, sich im Vorfeld eines Nachtrags über den Preis zu einigen, um den gesetzlichen Publikationspflichten gerecht zu werden. Auftragnehmer sollten wiederum darauf achten, Nachträge nicht ohne Einhaltung der erforderlichen rechtlichen Vorgaben auszuführen, da ansonsten die Gefahr einer Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Vertrages durch eine Nachprüfungsinstanz besteht.

Zusammenfassung

Nachträge sind ein wesentlicher Bestandteil der Vertragsabwicklung, insbesondere
bei öffentlichen Aufträgen. Sie ermöglichen eine flexible Anpassung an veränderte Bedingungen und Anforderungen während der Projektlaufzeit. Die rechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz und die entsprechenden Bestimmungen des GWB, stellen sicher, dass Nachträge transparent, fair und im Einklang mit den Wettbewerbsregeln gehandhabt werden. Für alle Beteiligten ist es entscheidend, die rechtlichen Vorgaben zu kennen und einzuhalten, um sowohl die Gültigkeit des Nachtrags als auch die Integrität des gesamten Vergabeprozesses zu wahren.