ABC-Ausschreibung
Das "Thüringer Modell", auch bekannt als ABC-Ausschreibung, ist ein in den 1990er Jahren vom Thüringer Finanzministerium etabliertes Verfahren zur Vergabe von öffentlichen Bauaufträgen. Es zeichnet sich durch eine flexible Ausschreibungsstruktur aus, bei der mehrere Umsetzungsoptionen gleichzeitig angeboten und in Betracht gezogen werden können: reine Bauleistung, reine Finanzierungsleistung und eine Kombination aus beiden.
Details zum Verfahren:
Bei diesem Modell werden die verschiedenen Aspekte eines Bauprojekts in drei separate Segmente aufgeteilt, die als Lose bezeichnet werden: Los A für die Bauleistung, Los B für die Finanzierung und Los C, das eine Kombination aus Bauleistung und Finanzierung bietet und in der Regel von einem Generalunternehmer angeboten wird. Einzelne Lose können weiter unterteilt werden, um spezifische Bedürfnisse zu erfüllen, zum Beispiel indem Los A in Fachlose und eine Generalunternehmer-Variante gesplittet wird.
Vergabeprozess:
Nach der Bekanntmachung und Sammlung der Angebote erfolgt die Bewertung der eingereichten Angebote basierend auf ihrer Wirtschaftlichkeit. Die öffentliche Hand hat dabei die Möglichkeit, die günstigsten Angebote verschiedener Lose zu kombinieren. Die Entscheidung für die wirtschaftlichste Option wird anhand einer umfassenden Auswertung aller eingereichten Angebote getroffen.
Rechtliche Rahmenbedingungen:
Die ABC-Ausschreibung muss sich an verschiedene rechtliche Vorgaben halten. Los A fällt unter die Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB/A), während Los B nach den Richtlinien der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL/A) behandelt wird. Los C kann eine Herausforderung darstellen, da es die Anforderungen beider Verdingungsordnungen berücksichtigen muss. Hierbei ist besondere Sorgfalt geboten, um die Einhaltung von Transparenz und Gleichbehandlung sicherzustellen.
Praktische Anwendung und Herausforderungen:
Die Anwendung des "Thüringer Modells" ist in der Praxis selten, vor allem wegen des hohen Aufwands und der zusätzlichen Kosten, die es verursacht. Zudem ist das Modell nicht optimal für komplexe Public Private Partnership (ÖPP)-Projekte, da es eine lebenszyklusoptimierte Planung erschwert und Betriebe möglicherweise vernachlässigt werden. Trotz seiner innovativen Ansätze hat das Ausschreibungsmodell angesichts dieser Einschränkungen an Relevanz verloren.