Ich bin Vermächtnisnehmer – Worauf muss ich achten?
Wenn man die Nachricht erhält, als Vermächtnisnehmer bedacht worden zu sein, ergeben sich oft Fragen zu den rechtlichen Konsequenzen und Verpflichtungen. Steuerberaterin und zertifizierte Testamentsvollstreckerin Dipl.-Finw. Bettina M. Rau-Franz gibt hilfreiche Hinweise, worauf in solchen Fällen zu achten ist.
Erbeinsetzung oder Vermächtnis?
Zunächst ist zu klären, ob es sich tatsächlich um ein Vermächtnis oder eine Erbeinsetzung handelt. Insbesondere dann, wenn ein Großteil des Nachlasses, beispielsweise ein Grundstück im Wert von 500.000 Euro, „vermacht“ wurde, könnte es sich faktisch um eine Erbeinsetzung handeln. Dieser Unterschied ist entscheidend, da eine Erbeinsetzung umfassendere Verpflichtungen mit sich bringt.
Unklare Formulierungen im Testament
Häufig sind Formulierungen wie „vermachen“, „vererben“ oder „zuwenden“ nicht eindeutig. In solchen Fällen obliegt es dem Gericht, die testamentarischen Anordnungen auszulegen, um den Willen des Erblassers zu bestimmen.
Prüfung der Vermächtnisforderung
Steht fest, dass man „nur“ als Vermächtnisnehmer bedacht wurde, muss geprüft werden, gegen wen die Vermächtnisforderung geltend zu machen ist.
Dies kann ein testamentarischer oder gesetzlicher Erbe oder ein anderer Vermächtnisnehmer sein.
Mehrere Erben haften gemäß § 421 BGB als Gesamtschuldner, sofern der Erblasser keine abweichende Regelung getroffen hat. Das bedeutet, dass der Vermächtnisnehmer seine Forderung gegenüber jedem Erben geltend machen kann – unabhängig davon, ob der Nachlass bereits aufgeteilt wurde.
Verfügbarkeit des Vermächtnisgegenstands
Ein weiterer entscheidender Punkt ist, ob der zugewandte Gegenstand noch im Nachlass vorhanden ist. Sollte der Erblasser diesen zu Lebzeiten verkauft oder er durch einen anderen Umstand zerstört worden sein, erhält der Vermächtnisnehmer in der Regel keinen Ersatz.
Eine Ausnahme bildet das sogenannte Verschaffungsvermächtnis. Hier hat der Erbe den Vermächtnisgegenstand zu besorgen und zu übergeben, auch wenn dieser nicht mehr im Nachlass vorhanden ist. Bei Geldvermächtnissen muss der Beschwerte den Geldbetrag erfüllen, selbst wenn dieser ursprünglich nicht im Nachlass enthalten war.
Erträge aus Vermächtnisgegenständen
Sollte der Beschwerte nach dem Tod des Erblassers aus dem Vermächtnisgegenstand Vorteile ziehen, beispielsweise Mieteinnahmen aus einer vermachten Immobilie, stehen diese dem Vermächtnisnehmer zu.
Zeitpunkt für rechtliche Schritte
Eine Klage gegen den Beschwerten kann jedoch erst nach Ablauf der Ausschlagungsfrist oder nach Annahme der Erbschaft durch den Erben eingereicht werden.
Ablehnung eines Vermächtnisses
Letztlich ist niemand gezwungen, ein Vermächtnis anzunehmen. Der Vermächtnisnehmer hat das Recht, das Vermächtnis abzulehnen, wenn er es aus persönlichen oder anderen Gründen nicht annehmen möchte.
Als Vermächtnisnehmer ist es essenziell, sich frühzeitig über Rechte und Pflichten zu informieren. Eine juristische Beratung kann dabei helfen, Klarheit zu schaffen und die richtige Entscheidung zu treffen.