Arbeitsrechtliche Unterschiede zwischen der Schweiz & Deutschland: Kündigungsmodalitäten im Vergleich

Arbeitsrechtliche Unterschiede zwischen der Schweiz & Deutschland: Kündigungsmodalitäten im Vergleich

Arbeitsrechtliche Unterschiede zwischen der Schweiz & Deutschland: Kündigungsmodalitäten im Vergleich

  • Redaktion
  • 8 Min

Im folgenden Teil der Serie über die arbeitsrechtlichen Unterschiede zwischen der Schweiz und Deutschland stehen die Kündigungsmodalitäten im Fokus. Diese unterscheiden sich grundlegend, insbesondere hinsichtlich der Kündigungsgründe, Kündigungsfristen und Gerichtsverfahren.

Kündigungsgründe in der Schweiz

In der Schweiz gilt grundsätzlich die Kündigungsfreiheit, was bedeutet, dass sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis unter Berücksichtigung der Kündigungsfristen und -termine ohne Angabe von Gründen beenden können. Zum Schutz der Arbeitnehmer gibt es jedoch bestimmte Ausnahmen:

Fristlose Kündigung

Eine fristlose Kündigung ist nur möglich, wenn wichtige Gründe vorliegen (Artikel 337 OR). Diese Gründe sind in der Praxis selten und umfassen beispielsweise strafrechtlich relevante Vergehen gegen den Arbeitgeber. Eine fristlose Kündigung ohne wichtige Gründe ist unrechtmäßig, aber nicht ungültig. Der betroffene Arbeitnehmer hat Anspruch auf Ersatz dessen, was er bei Einhaltung der regulären Kündigungsfrist verdient hätte, sowie auf eine zusätzliche Entschädigung von bis zu sechs Monatslöhnen (Artikel 337c OR).

Kündigung zur Unzeit

Eine Kündigung zur Unzeit liegt vor, wenn sie während einer Sperrfrist ausgesprochen wird, etwa bei Krankheit, Schwangerschaft oder Militärdienst. In solchen Fällen ist die Kündigung nichtig und entfaltet keine Rechtswirkung (Artikel 336c OR). Erfolgt die Kündigung vor Beginn der Sperrfrist, wird die Kündigungsfrist unterbrochen und erst nach Beendigung der Sperrfrist fortgesetzt.

Missbräuchliche Kündigung

Eine Kündigung ist missbräuchlich, wenn sie beispielsweise aufgrund persönlicher Eigenschaften des Arbeitnehmers oder wegen der Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis ausgesprochen wird. Missbräuchliche Kündigungen sind zwar gültig, können jedoch zu einer Entschädigungspflicht des Arbeitgebers führen (Artikel 336a OR).

Kündigungsgründe in Deutschland

In Deutschland ist eine Kündigung nur zulässig, wenn sie sozial gerechtfertigt ist. Die Rechtfertigungsgründe sind im Kündigungsschutzgesetz (KSchG) festgelegt:
    • Personenbedingt: Kündigung aufgrund von Eigenschaften oder Fähigkeiten des Arbeitnehmers.
    • Verhaltensbedingt: Kündigung wegen Verstößen gegen vertragliche Pflichten.
    • Betriebsbedingt: Kündigung aufgrund betrieblicher Erfordernisse, wie zum Beispiel Personalabbau.


Diese Regelungen gelten für Arbeitgeber, die mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigen. Zusätzlich besteht für bestimmte Personengruppen ein besonderer Kündigungsschutz, z. B. für Schwangere, Schwerbehinderte oder Betriebsratsmitglieder. In solchen Fällen ist eine Kündigung nur aus wichtigem Grund und mit behördlicher Zustimmung möglich.

Kündigungsfristen in der Schweiz

Die gesetzlichen Kündigungsfristen in der Schweiz sind in Artikel 335c OR geregelt und betragen nach Ablauf der Probezeit:
    • Im ersten Dienstjahr: 1 Monat
    • Im zweiten bis neunten Dienstjahr: 2 Monate
    • Ab dem zehnten Dienstjahr: 3 Monate


Diese Fristen können durch schriftliche Vereinbarung verkürzt oder verlängert werden, müssen jedoch für beide Parteien gleich lang sein.

Kündigungsfristen in Deutschland

Das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch (§ 622 BGB) sieht eine detaillierte Abstufung der Kündigungsfristen vor:
    • Ab zwei Jahren Betriebszugehörigkeit: 1 Monat
    • Ab fünf Jahren Betriebszugehörigkeit: 2 Monate
    • Ab acht Jahren Betriebszugehörigkeit: 3 Monate
    • Ab zehn Jahren Betriebszugehörigkeit: 4 Monate
    • Ab zwölf Jahren Betriebszugehörigkeit: 5 Monate
    • Ab fünfzehn Jahren Betriebszugehörigkeit: 6 Monate
    • Ab zwanzig Jahren Betriebszugehörigkeit: 7 Monate


Die verlängerten Kündigungsfristen gelten jedoch nur für Kündigungen durch den Arbeitgeber. Für Arbeitnehmer bleibt die Grundkündigungsfrist von vier Wochen bestehen.

Gerichtsverfahren bei Kündigungen

Schweiz
In der Schweiz können Arbeitnehmer im Falle einer ungerechtfertigten Kündigung keine Weiterbeschäftigung einklagen. Nur bei Kündigungen zur Unzeit besteht das Arbeitsverhältnis weiter, da die Kündigung als nichtig angesehen wird. In den meisten Fällen geht es vor dem Arbeitsgericht um Entschädigungen und vertragliche Nebenpflichten, wie die Einhaltung eines Konkurrenzverbots oder die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses. Verfahren mit einem Streitwert bis zu 30.000 CHF sind in der Schweiz kostenfrei (Artikel 113 Zivilprozessordnung).

Deutschland
In Deutschland müssen Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung eine Kündigungsschutzklage erheben. Wird die Kündigung als rechtswidrig eingestuft, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Weiterbeschäftigung. Der Streitwert einer Kündigungsschutzklage beträgt ein Viertel des Jahresbruttogehalts. In der ersten Instanz trägt jede Partei ihre eigenen Kosten, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens.

Fazit

Die Kündigungsmodalitäten unterscheiden sich erheblich zwischen der Schweiz und Deutschland.

Während in der Schweiz die Kündigungsfreiheit dominiert, sind Kündigungen in Deutschland strenger reglementiert und müssen sozial gerechtfertigt sein.

Dies macht die schweizerische Regelung für Arbeitgeber flexibler, bietet jedoch Arbeitnehmern in Deutschland mehr Schutz und Sicherheit.

  • Ausschreibungen