Option
Eine Option bezeichnet im Vertragskontext das einseitige Gestaltungsrecht einer Vertragspartei, vorab vereinbarte Vertragsbestandteile später auszulösen oder anzupassen. Typisch sind Vertragsverlängerungen, Mengen- bzw. Leistungsanpassungen oder Zusatzleistungen. Wesentlich ist, dass Gegenstand, Umfang, Preis-/Preisbildungsmechanismus, Fristen und Form der Ausübung bereits im Ausgangsvertrag transparent geregelt sind. In der Praxis liegt das Optionsrecht häufig beim Auftraggeber, während der Auftragnehmer an die vorab festgelegten Konditionen gebunden ist.
Anwendungsbereiche von Optionen
- Lieferaufträge: Optionen auf Mehr-/Nachbestellungen, alternative Ausstattungen, Ersatzteillieferungen oder spätere Roll-outs (z. B. weitere Geräte-Chargen), häufig mit Staffel- oder Rahmenpreisen.
- Dienstleistungsaufträge: Laufzeitoptionen (z. B. +12 Monate), Leistungsmodul-Erweiterungen (Supportlevel, zusätzliche Servicezeiten), optionale Schulungen oder Consulting-Kontingente.
- Bauprojekte: Zusatzgewerke, Leistungserweiterungen in definierten Bereichen, optionale Instandhaltungs-/Betriebsleistungen nach Fertigstellung; üblich sind vorbepreiste Nachtragspositionen mit klaren Auslösebedingungen.
Rechtliche Aspekte und Abgrenzung
Optionen müssen klar, bestimmt und vergaberechtlich angekündigt sein und gehören zum konkreten Einzelvertrag. Sie unterscheiden sich von Rahmenvereinbarungen oder Dynamischen Beschaffungssystemen, die Beschaffungen über mehrere künftige Einzelabrufe strukturieren. Eine Option ist keine verdeckte Vertragsänderung: Umfang und Konditionen müssen so präzise beschrieben sein, dass ihre Ausübung keine neue Vergabe auslöst. Abzugrenzen sind zudem Nebenangebote (alternative Angebotsszenarien) und Preisgleit-/Indexklauseln (bloße Preisanpassung, keine Leistungsoption).
Berechnung des Auftragswertes
Nach § 3 Abs. 1 VgV sind alle vorhersehbaren Optionen bei der Schätzung des Gesamtauftragswertes zu berücksichtigen (inkl. Verlängerungen, Erweiterungen, Abrufmengen). Das gewährleistet eine realistische Budget- und Schwellenwertprüfung und verhindert eine unzulässige Aufsplitterung des Auftrags.
Einschränkungen und Bedingungen
Optionen sind nur zulässig, wenn sie Transparenz, Gleichbehandlung und Wettbewerb nicht unterlaufen. Erforderlich sind:
- präzise Beschreibung von Inhalt, Obergrenzen und Konditionen,
- klare Ausübungsfristen und -verfahren (z. B. schriftliche Erklärung, Vorlaufzeiten),
- unveränderte Zuschlagskriterien/Preisbasis oder ein objektiver Preisbildungsmechanismus.
- Unbestimmte „Blanko-Optionen“ oder wesentliche Erweiterungen ohne Ankündigung sind unzulässig.
Strategische Bedeutung von Optionen
Für Auftraggeber schaffen Optionen Planungs- und Budgetflexibilität, sichern Skalierung bei Bedarfsschwankungen und reduzieren Vergabeaufwand bei Folgebedarf. Auftragnehmer erhalten Planbarkeit für Kapazitäten und die Chance auf zusätzlichen Umsatz, müssen jedoch Ressourcen, Materialverfügbarkeit und Preisrisiken (z. B. durch Indexierung) vorausschauend managen. Erfolgsfaktoren sind realistische Obergrenzen, marktgerechte Preise und klar definierte Trigger für die Ausübung.
Schlussfolgerung
Optionen sind ein wirkungsvolles Instrument, um Verträge flexibel und rechtssicher auszugestalten. Sie eröffnen Spielräume für beide Seiten, erfordern jedoch sorgfältige Definition, frühzeitige Preissetzung und konsequente Beachtung der vergaberechtlichen Grundsätze. Richtig konstruiert, erhöhen sie Wirtschaftlichkeit, Planbarkeit und Effizienz von Beschaffungs- und Projektvorhaben.