Fakultative Ausschlusskriterien | Fakultative Ausschlussgründe

Fakultative Ausschlusskriterien - oder auch fakultative Ausschlussgründe - ermöglichen es einem öffentlichen Auftraggeber, einen Bieter von einem Vergabeverfahren auszuschließen, wenn bestimmte Umstände oder Fehlverhaltensweisen vorliegen. Im Gegensatz zu den zwingenden Ausschlussgründen oder obligatorischen Ausschlusskriterien, bei denen der Ausschluss automatisch erfolgt, gibt es bei fakultativen Ausschlusskriterien einen Ermessensspielraum. Der Auftraggeber muss die Schwere des Fehlverhaltens und mögliche Gegenmaßnahmen abwägen.

Anwendungsbereich und Entscheidungsgrundlagen

Fakultative Ausschlusskriterien kommen insbesondere dann zur Anwendung, wenn das frühere Verhalten eines Bieters Zweifel an seiner Eignung für das Vergabeverfahren aufwirft. Der Auftraggeber muss eine Einzelfallentscheidung treffen, die sowohl die Schwere des Fehlverhaltens als auch mögliche Maßnahmen des Bieters zur sogenannten „Selbstreinigung“ berücksichtigt. Fakultative Ausschlusskriterien finden vor allem Anwendung bei der Vergabe von Bauaufträgen und anderen öffentlichen Ausschreibungen. Einige Beispiele für Ausschlussgründe sind:

  • Nachweisliche Verstöße gegen umwelt-, sozial- oder arbeitsrechtliche Verpflichtungen bei früheren Aufträgen
  • Zahlungsunfähigkeit des Bieters
  • Unzulässige Beeinflussung des Auftraggebers
  • Wettbewerbsverstöße
  • Kündigung eines früheren Auftrags wegen Schlechterfüllung
  • Strafbare Handlungen wie Untreue, Betrug oder Urkundenfälschung
Pflicht zur Offenlegung und Selbstreinigung

Bieter sind verpflichtet, mögliche fakultative Ausschlussgründe offenzulegen. Die Nichtoffenlegung kann zum Ausschluss führen. Liegen solche Gründe vor, müssen Bieter gegebenenfalls Maßnahmen zur Selbstreinigung ergreifen und diese dem Auftraggeber darlegen, um ihren Ausschluss zu verhindern.

Rechtlicher Rahmen

In Deutschland sind fakultative Ausschlusskriterien in verschiedenen rechtlichen Grundlagen verankert, darunter § 124 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen), § 16 Abs. 2 VOB/A (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen), § 31 Abs. 2 UVgO (Unterschwellenvergabeordnung), § 6 Abs. 5 VOL/A (Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen) und § 42 Abs. 1 VGV (Vergabeverordnung). Diese Regelungen sehen vor, dass ein Auftraggeber unter bestimmten Umständen, wie bei der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder der Liquidation des Unternehmens, den Bieter fakultativ vom Vergabeverfahren ausschließen kann.

Zielsetzung und Bedeutung

Der Zweck fakultativer Ausschlusskriterien ist es, die Integrität und Zuverlässigkeit des Vergabeprozesses zu gewährleisten. Sie tragen dazu bei, dass nur solche Unternehmen beauftragt werden, die hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen, technischen und rechtlichen Leistungsfähigkeit als zuverlässig gelten. Durch die Möglichkeit des fakultativen Ausschlusses wird der Auftraggeber in die Lage versetzt, auf individuelle Situationen und spezifische Risiken angemessen zu reagieren und dabei das öffentliche Interesse zu wahren.

Umsetzung und Herausforderungen

Die Anwendung von fakultativen Ausschlusskriterien stellt den Auftraggeber vor die Herausforderung, die Entscheidung ausgewogen und gerechtfertigt zu treffen. Es müssen sowohl die Interessen des öffentlichen Sektors als auch die Rechte der Bieter berücksichtigt werden. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass der Ausschluss nicht zu einer unrechtmäßigen Wettbewerbsverzerrung führt.

Fazit

Fakultative Ausschlusskriterien bieten dem öffentlichen Auftraggeber ein wichtiges Instrument, auf die spezifischen Umstände eines Bieters zu reagieren und dabei den fairen Wettbewerb zu fördern. Sie erlauben es den Auftraggebern, maßgeschneiderte Entscheidungen zu treffen, die sowohl das öffentliche Interesse wahren als auch eine faire Vergabe gewährleisten. Die Herausforderung besteht darin, die jeweiligen Umstände sorgfältig zu prüfen und eine Entscheidung zu treffen, die sowohl rechtlich vertretbar als auch im Sinne des fairen Wettbewerbs ist. Eine sorgfältige Anwendung von fakultativen Ausschlusskriterien trägt dazu bei, dass nur zuverlässige und gesetzestreue Unternehmen an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen können.